Das Leben nach der Rückkehr , Datum: 21.03.2023, Ausgabejahr: Nr. 02/2023, Format: Pressemitteilung , Langzeitstudie zeigt: Förderprogramm "StarthilfePlus" entspricht Bedürfnissen von Migrantinnen und Migranten, die freiwillig aus Deutschland ausreisen

Wie kann die Reintegration von Migrantinnen und Migranten, die aus Deutschland ausreisen, durch staatliche Förderung gestaltet werden? In einer Langzeitstudie zur geförderten Ausreise aus Deutschland haben das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) die Lebenssituation von fast tausend Rückkehrerinnen und Rückkehrern untersucht. 2017 hatte die Bundesregierung das Reintegrationsprogramm "StarthilfePlus" eingeführt. Innerhalb eines fünfjährigen, begleitenden Forschungsprojekts befragten Mitarbeitende der IOM-Länderbüros Rückkehrende mehrfach zu ihren Reintegrationserfahrungen. In der nun veröffentlichten Abschlussstudie geben 85 Prozent der Befragten an, mit der erhaltenen Unterstützung zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein.

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Seit 2017 haben mehr als 33.700 Personen eine Förderung durch das Reintegrationsprogramm "StarthilfePlus" erhalten. Mittellose Migrantinnen und Migranten, darunter Ausreisepflichtige, werden über das Förderprogramm bei einer freiwilligen Rückkehr in eines von derzeit insgesamt 45 Rückkehrländern mit flexiblen Leistungen unterstützt. Alle Förderleistungen werden von IOM im Auftrag des Bundes durchgeführt. Ziel des Programms ist es, die soziale und wirtschaftliche Reintegration im Rückkehrland zu unterstützen.

Corinna Wicher, Abteilungsleiterin Sicherheit im Asylverfahren, Rückkehr, Aufenthaltsrecht, Ausländerzentralregister im BAMF, hebt hervor:

"Das Förderprogramm StarthilfePlus kombiniert finanzielle und sachbezogene Unterstützung. Die finanzielle Förderung kann flexibel und entsprechend den individuellen Reintegrationsbedarfen der Rückkehrenden genutzt werden. Mithilfe des Förderprogramms können wir Rückkehrinteressierte Schritt für Schritt dabei unterstützen, eine informierte Rückkehrentscheidung zu treffen und eine individuell passende Perspektive am Rückkehrort zu entwickeln."

Für die Studie wurden insgesamt 906 volljährige Rückkehrerinnen und Rückkehrer in neun Ländern wiederholt befragt. Die erste Befragung erfolgte 2017 und 2018 durchschnittlich acht Monate nach ihrer Rückkehr aus Deutschland, die zweite Befragung drei Jahre nach Rückkehr. Die Ergebnisse der Studie lassen sehr unterschiedliche Lebensumstände der Rückkehrenden erkennen. Unter anderem zeigt sich, dass sich im Zeitverlauf die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld und die Partizipation am Arbeitsmarkt bei den Befragten verbessert haben und die Wohnsituation meist als zufriedenstellend bewertet wird.

Während etwa acht Monate nach der Rückkehr 41 Prozent der Studienteilnehmenden im erwerbsfähigen Alter einer abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgingen, erwirtschaften drei Jahre nach der Rückkehr 64 Prozent Einkommen aus einer Beschäftigung. Die große Mehrheit der Rückkehrerinnen und Rückkehrer ist mit den Beziehungen zur Familie sowie zu Freundinnen und Freunden zufrieden oder sehr zufrieden. Drei Viertel der Befragten leben in einer Privatwohnung oder in einem Privathaus, etwa 20 Prozent wohnen mit Verwandten oder Freundinnen und Freunden, nur wenige Befragte leben beispielsweise in einer Gemeinschaftsunterkunft.

Dr. Axel Kreienbrink, Leiter des BAMF-Forschungszentrums, betont:

"Die Studie eröffnet neue Einblicke in die langfristige Reintegration zurückgekehrter Menschen. Mit dieser Mehrfachbefragung über verschiedene Rückkehrländer können wir einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung sowohl der Forschung als auch der Rückkehrförderung in Deutschland leisten."

Trotz der positiven Ergebnisse berichten die Befragten aber auch von vielfältigen Herausforderungen, die ihre Reintegration im Rückkehrland erschweren. So reicht beispielsweise das erzielte Einkommen häufig nicht vollständig aus, um den täglichen Bedarf für sich und die Familie zu decken. Der Zugang zu ärztlicher Versorgung und die Zufriedenheit mit der Sicherheitslage vor Ort haben sich nach Angaben von einigen Befragten mit der Zeit verschlechtert. Weiterhin haben viele Rückkehrerinnen und Rückkehrer nur geringes Vertrauen in staatliche Strukturen wie Polizei und Justiz.

Hinweis

Quelle: © BAMF

Videostatements zur Studie "Das Leben nach der Rückkehr: Langfristige Reintegration nach der geförderten Ausreise aus Deutschland"

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Die Studie zeigt darüber hinaus, dass Rückkehrende selbst im gleichen Rückkehrland unterschiedliche Zugänge und Chancen bei der Reintegration haben. So haben Befragte in ländlichen Gegenden im Vergleich zu Befragten in Städten einen schlechteren Zugang zu öffentlichen Leistungen. Männer bewerten die Möglichkeiten medizinischer Versorgung besser als Frauen, und ältere Befragte fühlen sich seltener der Gemeinschaft zugehörig.

Die tiefergehende Analyse der Situation von zurückgekehrten Frauen verdeutlicht die Vielfalt der Lebensumstände nach der Rückkehr. Während 75 Prozent der Männer einer einkommensgenerierenden Beschäftigung nachgehen, sind es bei den Frauen nur 38 Prozent. In vertiefenden qualitativen Interviews mit Rückkehrerinnen in Armenien, Irak und Libanon äußern Frauen jedoch mehrheitlich den Wunsch nach einem eigenständig erwirtschafteten Einkommen und sprechen von Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt.

Jean-Philippe Chauzy, Leiter des IOM-Büros in Deutschland, hebt hervor:

"Angesichts der Vielfalt der Lebenssituationen nach der Rückkehr wäre es von Vorteil, wenn die Förderangebote für Familien, Frauen, Kinder oder älteren Personen noch weiter ausgebaut werden können."

Fast alle Rückkehrerinnen und Rückkehrer haben die monetäre StarthilfePlus-Förderung rund drei Jahre nach der Rückkehr vollständig genutzt. Für mehr als die Hälfte war die finanzielle Unterstützung von großer Bedeutung für die Deckung ihres täglichen Bedarfs. Darüber hinaus war die StarthilfePlus-Förderung für die Zurückgekehrten zur Finanzierung von Wohnraum und medizinischer Versorgung sowie für die eigenständige Existenzsicherung und Bildung wichtig.

Gedanken an eine erneute Migration beschäftigen 48 Prozent der Befragten. Nur fünf Prozent bereiten sich jedoch tatsächlich auf eine Wanderung vor. Mehrheitlich wird von Personen mit einer internationalen Wanderungsabsicht eine erneute Migration nur auf regulärem Weg erwogen.

Für das Bundeministerium des Innern und für Heimat (BMI), BAMF und IOM zeigen die Ergebnisse der Studie, wie wichtig derartige Begleitforschung für eine evidenzbasierte Weiterentwicklung von Förderprogrammen im Rückkehrkontext sind. Auf diese Weise können die Programme in Zukunft noch besser an die vielfältigen Bedarfe der Migrantinnen und Migranten angepasst werden.


Das Leben nach der Rückkehr: Langfristige Reintegration nach der geförderten Ausreise aus Deutschland Format: Forschungs­bericht, Dieser Download ist in weiteren Sprachen verfügbar

Der Forschungsbericht 42 analysiert die langfristige Reintegration von aus Deutschland ausgereisten Migrantinnen und Migranten, die mit dem Förderprogramm des Bundes "StarthilfePlus" unterstützt wurden. Das Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) haben hierzu Rückkehrerinnen und Rückkehrern in verschiedenen Ländern befragt.

Quelle: BAMF und IOM