BAMF-Newsletter Nr. 05/2020 ,
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
alles neu macht – der Mensch. Nicht der Mai. Die Natur, auf die sich dieses alte Sprichwort bezieht, wiederholt lediglich, was sie jedes Jahr zu Beginn der Vegetationsphase macht: Blumen blühen wieder, Blätter sprießen wieder und Gras wächst wieder. Aber: Ist das neu? Nicht von ungefähr bezeichnen wir dies auch als Kreislauf des Jahres, der jedes Jahr wieder von vorn beginnt.
Wirkliche Neuerungen hingegen haben es nicht so einfach, Zustimmung oder gar Freude bei allen Menschen zu finden. So musste Charles Darwin sein ganzes Leben lang seine Geschichte der Evolution gegen deren Leugner verteidigen, und selbst heute noch gibt es Menschen, die dies trotz vorhandener naturwissenschaftlicher Beweise als "Unfug" bezeichnen.
Doch viele von uns scheinbar aufgeklärten Menschen schenken dubiosen Meldungen aus noch dubioseren Quellen anscheinend mehr Glauben als wissenschaftlichen Belegen – aktuelle Beispiele sind die vielen Verschwörungstheorien zu Ausbruch, Gefährlichkeit oder sogar zur Existenz des Corona-Virus. Angeblich soll das Virus wahlweise China, George Soros, eine geheime Weltregierung oder Bill Gates in die Welt gesetzt worden sein, nur um "die Bevölkerung" in eine Diktatur zu zwingen oder durch Zwangsimpfungen zu schädigen. Wer glaubt schon der Wissenschaft, wenn ein angeheirateter Schwippschwager einer Facebook-Freundin des Nachbarn einer flüchtigen Bekannten in den Sozialen Medien das Gegenteil behauptet?
Die Gründe dafür sind so vielschichtig wie die Menschen selbst, aber ein Grund sticht heraus: Neuerungen sind niemals einfach zu verstehen oder gar zu akzeptieren. Viele Menschen haben Angst davor, ihr vertrautes Umfeld, ihre vertrauten Gedanken oder Verhaltensmuster um neue Ansätze zu erweitern oder gar durch neue Ideen zu ersetzen. Und wenn es schon bei naturwissenschaftlichen Belegen schwierig ist, wie soll es dann erst bei neuen Ideen im sozialen Umgang aussehen?
In meinen alten Schulbüchern gab es Menschen ausschließlich als Männer oder Frauen. Menschen mit dunkler Hautfarbe wurden darin mit dem N-Wort bezeichnet, Sinti und Roma mit dem Z-Wort. Homosexualität oder andere sexuelle Ausrichtungen wurden nicht ein einziges Mal erwähnt. Und doch haben die meisten Menschen aus meiner Generation gelernt, dass Diversität zum Menschsein dazugehört und genauso "normal" ist wie das Weltbild aus unseren Schulbüchern. "Anders sein" bedeutet auf keinen Fall, nicht "Normal" zu sein, denn ein Mensch ist immer ein Individuum und daher "anders" als andere Menschen – das trifft sogar auf diejenigen zu, die das nicht akzeptieren wollen.
Aber wenden wir uns nun wieder den Menschen zu, die andere Menschen so akzeptieren, wie sie eben ganz individuell sind – in all ihrer individuell ausgeprägten Vielfalt, mit allen anderen Vorlieben oder Ausprägungen. Und schon sind wir bei unseren Meldungen aus dem Mai mit dem Diversity-Tag sowie dem Tag gegen Homophobie und einem Bericht über geflüchtete LSBTTIQ Menschen. Und wenn auch in Ihren Schulbüchern darüber nicht zu finden war, sollten Sie sich diese Berichte auf keinen Fall entgehen lassen.
Herzlichst
Jochen Hövekenmeier
Pressesprecher des BAMF