Forschung zu Integrationskursen und zur Vulnerabilität von Geflüchteten , Datum: 20.12.2022, Format: Meldung, Bereich: Forschung

Forscherinnen und Forscher des BAMF-Forschungszentrums haben auf der 4. Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung aktuelle Ergebnisse aus der Forschung zum digitalen Lehren und Lernen im Integrationskurs und Analysen zu Vulnerabilität und Resilienz von Resettlement-Geflüchteten präsentiert.

Digitales Lehren und Lernen im Integrationskurs

Die Digitalisierung betrifft im Bildungsbereich nicht nur Schulen, sondern auch Integrationskurse. Welche Vor- und Nachteile des Unterrichtens mit digitalen Medien und virtuellen Unterrichtsformen gibt es im Integrationskurs? Welche Voraussetzungen müssen aus Sicht der Lehrkräfte bestehen, um digitale Medien und virtuelle Unterrichtsformate erfolgreich in den Integrationskurs einbinden zu können? Ramona Kay, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAMF-Forschungszentrum, hat auf der Konferenz Ergebnisse in Bezug auf soziale Ungleichheiten unter den Teilnehmenden aus der Studie "Digitales Lehren und Lernen im Integrationskurs" vorgestellt und mit anderen Forschenden diskutiert.

Integrationskurse sind die zentrale Integrationsmaßnahme des Bundes zur Sprachförderung und Wertevermittlung für Migrantinnen und Migranten. Im Rahmen des Forschungsprojekts "Evaluation der Integrationskurse (EvIk)" wurde eine qualitative Teilstudie durchgeführt, die das digitale Lehren und Lernen im Integrationskurs untersucht. In ihrem Vortrag präsentierte Ramona Kay die durch die Digitalisierung entstehenden sozialen Ungleichheiten unter den Teilnehmenden sowie mögliche Lösungsstrategien. Im digitalen (Lern-)Raum treten soziale Ungleichheiten aufgrund der finanziellen Lage und Ausstattung der Teilnehmenden, der familiären Situation (z. B. wegen Care-Arbeit), des Alters der Teilnehmenden und der Unterrichtssituation (analog vs. digital) und damit zusammenhängend dem Bildungsniveau der Teilnehmenden auf. Besonders häufig sind hiervon Teilnehmende der Alphabetisierungskurse betroffen. Die vorgeschlagenen Lösungsansätze aus Sicht der Lehrkräfte sind vielfältig und reichen von Datenvolumen und Leihgeräten, über Empowerment von Frauen (mit kleinen Kindern) und Kinderbetreuungsangeboten, bis hin zu "On-Boarding"-Maßnahmen (Einweisung der Teilnehmenden in die Anwendung digitaler Konferenztools und Lernprogramme), Coaching und persönlicher Hilfestellung sowie dem Aufbau digitaler Kompetenzen, der Erweiterung des Lehrplans und der Einführung besonderer Unterstützungsangebote für die Bedarfe spezieller Gruppen von Teilnehmenden.

Vulnerabilität und Resilienz bei Resettlement-Geflüchteten

Eine Frau lächelt in die Kamera. Tatjana Baraulina Quelle: © BAMF

Forschungsergebnisse zu Resettlement in Deutschland stellten Tatjana Baraulina, Referatsleiterin im BAMF-FZ, und Dr. Florian Tissot, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BAMF-FZ, in ihrem Konferenzbeitrag im Panel "Intersektional reflexive Forschung im Kontext von Resettlement" vor. In ihrem Forschungspapier setzen sie sich mit dem Konzept der Vulnerabilität im Resettlement-Kontext auseinander, wobei sie die situative und die dynamische Dimension der Vulnerabilität betonen. Basierend auf 52 qualitativen Interviews analysieren sie Erfahrungen von Resettlement-Geflüchteten vor und nach der Aufnahme in Deutschland. Dabei zeigt sich, dass mit der Aufnahme diverse Benachteiligungen und Risiken – und somit auch Vulnerabilitäten – wegfallen. Gleichwohl erleben Geflüchtete in Deutschland neue intersektionale Benachteiligungen, die zu vulnerablen Situationen etwa zur sozialen Isolation führen können. "Um die Situation der Resettlement-Geflüchteten in Deutschland besser zu verstehen, dürfen wir nicht allein auf die belastenden Erfahrungen blicken, die diese Menschen während der Flucht oder im Erstzufluchtsstaat gemacht haben. Viel wichtiger ist es zu untersuchen, inwiefern die vulnerablen Lebensumstände für diese Menschen in Deutschland fortbestehen. Auch die Frage nach Ressourcen und Fähigkeiten, mit Herausforderungen umzugehen, ist relevant. Wenn wir mehr über 'die Post-Arrival-Vulnerabilitäten' und über die Resilienz der Geflüchteten wissen, können wir die Teilhabeförderung gezielter ansetzen und dabei die Handlungsfähigkeit der Geflüchteten unterstützen ", erläutert Tatjana Baraulina.

Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung (NWFF)

Die 4. Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung wurde von Prof. Dr. Birgit Glorius (TU Chemnitz) organisiert und fand in Kooperation mit dem Netzwerk Fluchtforschung und dem Verbundprojekt „Flucht- und Flüchtlingsforschung: Vernetzung und Transfer“ (FFVT) statt. Circa 400 Teilnehmende aus über 30 Ländern waren angemeldet, wobei je die Hälfte in Präsenz bzw. online teilnahm.

Hier finden Sie das Tagungsprogramm als PDF zum Download.