"Punktesystem" – der Königsweg bei der Steuerung der Erwerbsmigration? , Datum: 10.02.2022, Format: Meldung, Bereich: Forschung

Nachdem der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine "Chancenkarte" zur Arbeitsplatzsuche für ausländische Fachkräfte in Deutschland thematisiert, diskutierte das "Migrationspolitische Forum", wie ein entsprechendes Punktesystem gestaltet sein könnte. Dr. Susanne Worbs, Referatsleiterin im Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, erläuterte in ihrem Vortrag, wie sich die Erwerbsmigration nach Deutschland in den letzten Jahren quantitativ entwickeln hat.

Schon seit 20 Jahren wird in Deutschland über ein "Punktesystem" zur gezielten Steuerung der Erwerbsmigration nach dem Vorbild von klassischen Einwanderungsländern wie Kanada diskutiert. Realisiert wurde es jedoch bislang nicht. Das "Migrationspolitische Forum", eine Veranstaltung des Forschungszentrums Ausländer- und Asylrecht an der Universität Konstanz unter Leitung von Prof. Dr. Daniel Thym, griff die Thematik in seiner jüngsten Auflage am 17. Januar 2022 auf.

Eine Frau lächelt in die Kamera. Dr. Susanne Worbs Quelle: © BAMF | Karin Stöhr

Der Beitrag von Dr. Susanne Worbs im ersten von zwei Panels thematisierte die bisherige quantitative Entwicklung der Erwerbsmigration nach Deutschland. Grundlage hierfür waren die vom Forschungszentrum erstellten Publikationen Migrationsbericht 2020 und Monitoring zur Bildungs- und Erwerbsmigration. Dr. Worbs zeigte, dass sich die Zahlen von Erwerbsmigrantinnen und -migranten aus Drittstaaten zwischen 2011 und 2019 in absoluter Betrachtung deutlich aufwärts entwickelt haben. 2020 kam es zu einem merklichen Rückgang; die Zahlen sind jedoch durch die Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) und die COVID-19-Pandemie nur bedingt mit denen der Vorjahre vergleichbar. Eine Bewertung des FEG ist auf dieser Basis noch nicht möglich. Zugleich macht die Zuwanderung explizit zu Erwerbszwecken nur einen verhältnismäßig geringen Anteil der Gesamtzuwanderung von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland aus (2020 etwa acht Prozent). Sie bildet zudem, so Dr. Worbs, "nur einen Ausschnitt des Gesamtpotenzials für den deutschen Arbeitsmarkt ab: Auch EU-Staatsangehörige und Zugewanderte aus Drittländern, die ursprünglich über andere Kanäle nach Deutschland kamen, sind wichtige Gruppen von Erwerbstätigen."

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde über mögliche Ausgestaltungen eines Punktesystems und Erfahrungen mit dem bisherigen System der Erwerbsmigration, also insbesondere seit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, aus der Sicht verschiedenster Akteure diskutiert. Deutlich wurde, dass es hier noch viele Problemlagen und offene Fragen für eine künftige Gesetzgebung gibt. "Wir konnten in diesem Rahmen interessante Einsichten für unsere FEG-Begleitforschung gewinnen, so z.B. aus Sicht einer Rechtsanwältin, die deutsche Unternehmen bei der Gewinnung internationaler Fachkräfte unterstützt", so Susanne Worbs.