Berufssprachkurse virtuell unterrichten – Neue Angebote für Unterricht und Fortbildung , Datum: 11.03.2021, Format: Meldung, Bereich: Integration

Die Unterbrechung der Berufssprachkurse aufgrund der Corona-Pandemie wird vom BAMF mit der Förderung digitaler Angebote aufgefangen. Diese werden von Teilnehmenden, Kursträgern und Lehrkräften positiv aufgenommen. Der folgende Beitrag blickt auf die Erfahrungen mit den Online-Tutorien zurück und aktualisiert die BAMF-Empfehlungen zum Virtuellen Klassenzimmer.

Das Unterstützungsangebot Online-Tutorien

Auf die pandemiebedingte Unterbrechung der Berufssprachkurse reagierte das BAMF kurzfristig mit der Förde-rung von Online-Tutorien ab dem 01.04.2020, diese wurden im BSK-Bereich zunächst bis zum 30.06.2020 gefördert. Seit dem 26.11.2020 kann dieses Unterstützungsangebot wieder in Anspruch genommen werden. Die Online-Tutorien richten sich an Teilnehmende von Kursen, die auf Grund von Lockdown-Maßnahmen unterbrochen wurden. Sie sind als freiwilliges Angebot mit dem Ziel des Erhaltens bereits erworbener Sprachkompetenzen konzipiert, nicht jedoch als Fortführung des eigentlichen Kurses. Die Träger können dabei flexibel Lerngruppen zusammenstellen, die sowohl aus den Teilnehmenden eines einzelnen Kurses als auch aus Interessierten aus anderen Kursen zusammengesetzt sein können. Auch in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung unterliegen die Online-Tutorien relativ wenigen Vorgaben.
Die meisten Lerngruppen verwenden die vom Bundesamt vorgeschlagene kostenlose vhs-Lernplattform des Deutschen Volkshochschulverbandes. Die Lehrkräfte begleiten die Teilnehmenden dabei vor allem beim eigenständigen Sprachlernen und beim Bewältigen von Aufgaben. Es werden aber auch Gespräche und Unterrichtssequenzen über Telefon- und Videokonferenzen angeboten und durchgeführt. Im Bereich der Berufssprach-kurse wurden in der ersten Jahreshälfte 2020 1.265 Lerngruppen mit insgesamt 15.837 Teilnehmenden gefördert.

Das Virtuelle Klassenzimmer

Bei einer Kursdurchführung im Virtuellen Klassenzimmer können die Lehrkraft und die Teilnehmenden annähernd auf die gleiche Weise miteinander interagieren wie in Präsenz. Dafür werden in einer Videokonferenz je nach Anbieter die Melde- und Chatfunktion, das Bildschirmteilen mit Präsentationen oder Medien und idealerweise so genannte "Breakout-Rooms" für gleichzeitig stattfindende Gruppenarbeiten genutzt. Die technische Ausstattung mit Mikrofon, Headset, (virtueller) Tastatur und Kamera sowie ausreichend großem Bildschirm muss dafür vorhanden sein. Kurzfristig kann ein Virtuelles Klassenzimmer auch dann beginnen, wenn einzelne Teilnehmende (maximal die Hälfte) nur über Smartphones verfügen. Für diese Übergangszeit sollte sich der Unterricht stärker auf das verwendete Printlehrwerk und weniger auf Bildschirminhalte stützen, um die kleinen Bildschirmgrößen zu berücksichtigen. Spätestens nach 100 UE muss jedoch die genannte technische Ausstattung, ggf. über Leihgeräte, zur Verfügung stehen.

Die vom BAMF entwickelten Qualitätsstandards fokussieren darauf, dass sprachliche Kompetenzen in allen vier Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) erworben werden können und ein Austausch über eine Video- und Audioverbindung sowie über Textchats und das Versenden von Dateien sichergestellt ist. Diese Standards können durch eine Auswahl von Software in unterschiedlicher Kombination erfüllt werden, beispielsweise durch ein Videokonferenztool in Verbindung mit einem Messenger-Dienst.

Die BAMF-Modelle

Das BAMF hat für die Fortsetzung der Kurse ab dem 01.07.2020 fünf verschiedene Modelle eingeführt, die den Trägern flexible Möglichkeiten eröffnen, auch unter den aktuellen Pandemie-Bedingungen Kurse mit und ohne technischer Zusatzausstattung anzubieten, und die gleichzeitig im Interesse der Teilnehmenden jeweils entsprechende verbindliche qualitative Mindeststandards enthalten.

Es kann zwischen folgenden Modellen gewählt werden:

  • Modell 1 (Präsenzunterricht in ausreichend großen Räumlichkeiten)
  • Modell 2 (Virtuelles Klassenzimmer)
  • Modell 3 (Präsenzunterricht mit Livestream-Übertragung in zweiten Kursraum)
  • Modell 4 (Präsenzunterricht mit zugeschaltetem virtuellen Klassenzimmer)
  • Modell 5 (Präsenzunterricht mit einer Lehrkraft in zwei Kursräumen)

Das am häufigsten gewählte Modell ist mit weitem Abstand Modell 1 (75 Prozent), dann folgt Modell 5 (15 Prozent). Modell 2, das Virtuelle Klassenzimmer, wird aktuell immerhin in etwa sechs Prozent der Fälle gewählt. Virtuelle Klassenzimmer in BSK können in zwei verschiedenen Varianten durchgeführt werden – sowohl zu 100 Prozent im Virtuellen Klassenzimmer als auch im Wechsel zwischen Präsenz und Virtuellem Klassenzimmer (Modell 2a). Eine Teilung der Kursgruppe darf nicht stattfinden.

Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte in den BAMF-Zusatzqualifizierungen

Guter Unterricht hängt maßgeblich von den Kompetenzen der Lehrkraft ab. Bei einer Unterrichtsdurchführung im Virtuellen Klassenzimmer muss die Lehrkraft über ihre pädagogischen Kompetenzen hinaus über ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der Verwendung des Virtuellen Klassenzimmers verfügen. Um diese Kenntnisse zu erwerben und zu erweitern, wurden im Auftrag des BAMF zwei qualitativ hochwertige Weiterbildungsangebote erarbeitet, die seit Oktober 2020 verfügbar sind:

  • In der neuen Konzeption der Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte im Bereich Deutsch als Zweitsprache in der Erwachsenenbildung (ZQ DaZ) ist das Wahlmodul "Medienkompetenz" (16 Unterrichtseinheiten, UE) enthalten, das u. a. Unterricht im Virtuellen Klassenzimmer und mit Lernmanagement-Systemen beinhaltet. Die Besonderheit dieses Wahlmoduls besteht darin, dass auch bereits nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 IntV zugelassene Lehrkräfte daran teilnehmen können. Dies betrifft damit auch Lehrkräfte, die aktuell in Berufssprachkursen unterrichten. Die Teilnahme wird vom BAMF finanziell gefördert, wenn im Anschluss mindestens nachweislich mindestens 100 UE in BSK unterrichtet werden.
  • Die neue additive Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Berufssprachkursen (ZQ BSK) beinhaltet das Pflichtmodul "Digitale Kompetenzen". Dieses Modul (12 UE mit Praxisphase) behandelt die Nutzung digitaler Angebote für einen berufsbezogenen Deutschunterricht inklusive einer begleiteten Praxiserprobungs- und Reflexionsphase, in der die Unterrichtsdurchführung im Virtuellen Klassenzimmer erprobt werden kann. Die Teilnahme an der ZQ BSK wird vom BAMF gefördert.

Empfehlungen für die Arbeit im Virtuellen Klassenzimmer

In der Praxis ist der Umgang mit Videokonferenzsystemen für viele Teilnehmende, aber auch manche Lehrkräfte Neuland. Zwar haben sich viele Lehrkräfte während der pandemiebedingten Einschränkungen in beeindruckendem Umfang eigenverantwortlich zu diesem Thema fortgebildet, dennoch stellt das Unterrichten im virtuellen Raum alle Beteiligten aktuell noch vor große Herausforderungen. Dies beginnt bei der technischen Ausstattung von Kursträgern und Teilnehmenden, geht über die Internetgeschwindigkeit und fehlender digitaler Netzinfrastruktur und endet nicht bei der Frage, wie Teilnehmende zu Beginn in den virtuellen Kursraum hineinfinden ("Onboarding"). Für Letzteres kann beispielsweise in Kleingruppen zunächst der Computerraum genutzt werden.

Zu Beginn des Unterrichts im Virtuellen Klassenzimmer empfiehlt es sich, wenige Funktionen einschließlich ihrer deutschen Bezeichnung zu üben und die Nutzung zur Verfügung stehender Funktionen sukzessive auszubauen. Die Fertigkeit Sprechen sollte dabei zunächst im Vordergrund stehen, insbesondere bei Kursen auf niedrigeren Sprachniveaus, wobei schriftsprachliche Kommunikationsformen zunehmend eingebunden werden sollten, um die vorgegebenen Kursziele in allen Fertigkeiten zu erreichen. Beim gemeinsamen Lösen von Aufgaben ist es wie im Präsenzunterricht sinnvoll, dass die Lehrkraft die richtigen Lösungen bei geteiltem Bildschirm verschriftlicht. Ein hoher Sprechanteil der Teilnehmenden sollte gewährleistet werden. Bereits bekannte Lehrwerke können digital genutzt werden, sollten den Teilnehmenden aber auch in der Printversion vorliegen. Mit mehr Übung können abwechslungsreiche Materialien und Lernspiele genutzt sowie die Teilnehmenden zum selbständigen Lernen mithilfe einer Lernplattform oder auch integrierter Materialsammlungen, Wikis und Links angeregt werden.