Religiöses Leben von Geflüchteten in Deutschland - offline und online ,
Wie wichtig ist Geflüchteten der Glaube, welchen Religionen gehören sie an und in welchem Umfang nutzen sie religiöse Onlineangebote? In der Kurzanalyse "Religionszugehörigkeit und religiöse Alltagspraxis bei Geflüchteten" des BAMF-Forschungszentrums (BAMF-FZ) werden diese und weitere Fragen untersucht. Hierfür wurden Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten aus dem Jahr 2021 ausgewertet.
Quelle: @ BAMF
Rund 70 Prozent der Geflüchteten sind muslimisch, weitere 16 Prozent christlich. "Obwohl in beiden Gruppen die meisten gläubig sind und der Glaube meist wichtig für ihr Wohlbefinden ist, besuchen muslimische Geflüchtete im Vergleich zu christlichen deutlich seltener religiöse Veranstaltungen"
, so Dr. Amrei Maddox, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAMF-FZ. "Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Der Moscheebesuch ist etwa nur für Männer religiöse Pflicht. Bestehende Angebote können für Geflüchtete aber auch unpassend sein, etwa aufgrund des historisch gewachsenen Herkunftslandbezugs vieler islamischer Gemeinden, ihrer Lage oder der dort gesprochenen Sprache. Das zeigt sich auch in unseren Analysen"
, erläutert die Studienautorin weiter. Neben einem solchen Mangel an geeigneten Angeboten bzw. der fehlenden Kenntnis solcher nennen muslimische Geflüchtete auch häufiger als christliche Terminkonflikte als Hinderungsgrund.
Die vorliegenden Daten zeigen zudem, dass es bei den Motiven für eine Veranstaltungsteilnahme Unterschiede zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften gibt: Musliminnen und Muslime, die religiöse Veranstaltungen besuchen, gaben besonders häufig die religiöse Pflicht als Grund dafür an. Während dies auch für Angehörige anderer Religionen als dem Islam oder Christentum oft wichtig ist, spielen gerade für christliche Geflüchtete auch der Wunsch, mehr über den eigenen Glauben lernen zu wollen, und der Gewinn an Kraft und Zuversicht durch die Teilnahme eine dominante Rolle. Für Angehörige anderer Religionen steht die Tradition im Vordergrund.
Digitale Medien spielen immer größere Rolle im religiösen Leben
Ähnlich wie in den meisten anderen Bereichen spielt auch in Bezug auf das religiöse Leben der digitale Raum eine zunehmend wichtige Rolle, verstärkt durch die Einschränkungen des gemeinschaftlichen religiösen Lebens im Zuge der COVID-19-Pandemie. Rund jede fünfte geflüchtete Person nimmt digitale religiöse Inhalte mindestens monatlich in Anspruch. Hierzu zählen etwa Online-Übertragungen von Gottesdiensten, virtueller Religionsunterricht und andere Online-Kurse, Sprechzeiten sowie Seelsorge oder Beratung per Video oder Live-Chat. Neben religiösen Institutionen und Gemeinden sind auch muslimische oder christliche Influencerinnen und Influencer sowie Geistliche im Internet vertreten, etwa in den sozialen Medien und auf Plattformen wie YouTube.
Entsprechend gestalten sich auch die Nutzungsformen sehr heterogen. Am häufigsten informieren sich Geflüchtete über Aktuelles aus ihrer Gemeinde, suchen gezielt religiöse Informationen oder verfolgen Predigten und Gottesdienste online. Die digitalen Inhalte dienen dabei vorwiegend als Ergänzung und weniger als Ersatz für fehlende Angebote.
Hintergrund
Die BAMF-Kurzanalyse "Religionszugehörigkeit und religiöse Alltagspraxis bei Geflüchteten" entstand im Rahmen des Projekts "Analysen zu Religion im Migrationskontext" (AReMi). Darin werden verschiedene Aspekte rund um die Religion, Religiosität sowie religiöse Alltagspraxis und ihre Bedeutung für die gesellschaftliche Teilhabe von Zugewanderten und deren in Deutschland geborenen Nachkommen erforscht.
Religionszugehörigkeit und religiöse Alltagspraxis bei Geflüchteten
Die BAMF-Kurzanalyse 1|2025 widmet sich der Religionszugehörigkeit, der Religiosität sowie der religiösen Alltagspraxis von Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2019 nach Deutschland gekommen sind.