Schreiben, Lesen und Deutsch lernen , Datum: 08.09.2024, Format: Meldung, Bereich: Integration

Weltweit können rund 750 Millionen Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben. Um darauf aufmerksam zu machen, findet alljährlich am 8. September der Weltalphabetisierungstag statt. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat sich dieser Zielgruppe angenommen. Der sogenannte Alphabetisierungskurs, ein spezieller Integrationskurs, wird seit dem Jahr 2005 angeboten. Allein im Jahr 2023 gab es über 2000 Kurse. Insgesamt besuchten seit 2005 über 420.000 Teilnehmende einen Alphabetisierungskurs

Wozu braucht man Alphabetisierungskurse und warum braucht es dieses Angebot für diese Zielgruppe?

Die Alphabetisierungskurse und die dort vermittelten Kompetenzen bilden die Grundlage für eine echte Teilhabe an der deutschen Gesellschaft, in der der sichere Umgang mit Schrift die Voraussetzung für die Partizipation am sozialen, wirtschaftlichem sowie kulturellem Leben darstellt. Auch für die persönliche Entfaltung und Weiterentwicklung der Teilnehmenden sind ausreichende schriftsprachliche Kompetenzen unentbehrlich.

Nicht oder nicht ausreichend alphabetisierte Zugewanderte haben es besonders schwer, denn die Alphabetisierung in einem fremden Schriftsystem bedeutet für erwachsene Zugewanderte in Deutschland nichts weniger, als das "verspätete" Erlernen von Schreiben und Lesen gleichzeitig mit dem Erwerb einer Fremdsprache zu vollziehen.

Während die Teilnehmenden die mündlichen Fertigkeiten meist sehr schnell erlernen, fehlt ihnen das schriftsprachliche Gerüst, da sie nicht mit der Sprache als kodiertes System vertraut sind wie bereits Alphabetisierte.

Zu dieser ohnehin schon großen Herausforderung kommt noch hinzu, dass sie diese Aufgabe in einem fremden sozialen und sprachlichen Umfeld bewältigen müssen.

Wie werden Lehrkräfte auf die besondere Aufgabe im Alphabetisierungskurs vorbereitet?

Zum Kurs gehören neben den Teilnehmenden auch die Lehrkräfte. Sie stehen vor einer besonderen Herausforderung, weil diese Zielgruppe alphabetisiert werden muss, meistens sehr heterogen ist und sie oftmals wenig Lernvorerfahrung mitbringt. Daher ist für die Unterrichtstätigkeit in Alphabetisierungskursen eine ausreichende fachliche Qualifikation und Eignung notwendig.

Lehrkräfte, die bereits für den Integrationskurs zugelassen sind, aber noch nicht die notwendigen Vorkenntnisse für eine Unterrichtstätigkeit in Alphabetisierungskursen des Bundes mitbringen, müssen die Additive Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen (ZQ Alpha) absolvieren.

Dabei werden sie mit den aktuellsten fachlichen und methodischen Aspekten der Alphabetisierung in Deutsch als Zweitsprache vertraut gemacht und auf die Unterrichtstätigkeit im Alphabetisierungskurs vorbereitet.
Inhaltlich baut die ZQ Alpha auf einer bereits abgeschlossenen Qualifizierung im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DaZ) oder auf einem Studium in DaZ oder Deutsch als Fremdsprache auf. Sie behandelt alle für die Alphabetisierungsarbeit mit Migranten wichtigen und grundlegenden Themen.

Portraitbild einer Frau Quelle: privat

Lilian Coronel, eine Lehrkraft, die bereits über jahrelange Erfahrungen im Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Deutsch als Zweitsprache (DaZ) verfügt und viele allgemeine Integrationskurse durchgeführt hat, zu Ihren Erfahrungen und Ihrer Motivation nun auch Alphabetisierungskurse zu unterrichten:

"Ich habe viele allgemeine Integrationskurse unterrichtet und freue mich, ab Mitte September meinen ersten Integrationskurs mit Alphabetisierung an der Augsburger Volkshochschule zu leiten.

Warum erst jetzt? Im Februar habe ich angefangen, ehrenamtlich in einem Deutschcafé zu arbeiten. Der erste Mensch, dem ich dort begegnet bin, war ein junger Afghane, der sehr gerne lesen und schreiben lernen wollte. Obwohl ich jahrelange Erfahrung im Bereich DaF/DaZ habe, musste ich feststellen, dass ich nicht wusste, wie ich ihm helfen sollte.

Daraufhin beschloss ich, die Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen zu machen. In der Schulung fasziniert mich am meisten die Tatsache, dass man in diesen Kursen eine ganz andere Herangehensweise braucht als in allgemeinen Integrationskursen. Erst jetzt lerne ich Begriffe wie logographisches Gedächtnis, phonologische Bewusstheit oder lautieren, die eng mit dem Alphabetisierungsprozess verknüpft sind. So erlebe ich immer wieder Aha-Momente, wie bei den Aufgaben zum Einstieg in das Thema (Alexis Feldmeier, Von A bis Z - Praxishandbuch Alphabetisierung, S. 8-14). Da habe ich zum ersten Mal bewusst versucht, mich in die Lage der Lernenden zu versetzen.

Ich bin sehr dankbar für die Werkzeuge, die ich in der Schulung an die Hand bekomme und mit denen ich die Lernenden beim Alphabetisierungsprozess begleiten kann. Ich freue mich schon sehr darauf, mich auf dieses Abenteuer mit den Lernenden einzulassen!"

Und Sotiria Germanli, Kursleiterin an der Volkshochschule Haar ergänzt:

"Zur Integration der Einwanderer beitragen zu können, ist eine äußerst wichtige Aufgabe. Mir macht es wirklich Spaß, Deutschlernende beim Erlernen der deutschen Sprache und Kultur zu begleiten.

In der ZQ Alpha lernen wir, Deutschlernende mit mangelnden oder eher negativen Schulerfahrungen beim Sprachenlernen effektiv zu unterstützen. Für mich war besonders interessant, dass wir uns als Lehrkräfte mit Übungen in die Lernendenrolle hineinversetzt werden konnten.

Außerdem hat es Spaß gemacht, mit den Kolleginnen und Kollegen Zusatzmaterialien für die Alphabetisierungskurse zu erstellen und von ihrer Erfahrung zu profitieren. Während der ZQ Alpha wurden wichtige Fragen der Lehrkräfte beantwortet und solche Begriffe wie handlungsorientiertes Lernen, Grammatikvermittlung, Binnendifferenzierung und Einstufung der Lernenden in Bezug auf Alphabetisierungskurse thematisiert."

Wichtiger Hinweis

Seit dem 01.03.2024 gelten folgende Ausnahmeregelungen, die zum Unterrichten im Alphabetisierungskurs berechtigen:

  1. Lehrkräfte, die vom BAMF auf das Erfordernis einer verkürzten oder unverkürzten ZQ Alpha verwiesen wurden, können eine auf 12 Monate befristete Genehmigung zum Unterrichten in Alphabetisierungskursen erhalten, sobald sie mit der Teilnahme an der ZQ Alpha des Bundesamtes oder an einer Qualifizierungsmaßnahme von der Liste der einschlägig anerkannten Zertifikate für Alphabetisierung begonnen haben. Voraussetzung ist, dass die ZQ Alpha bzw. die einschlägig anerkannte Qualifizierungsmaßnahme vor dem 01.01.2026 beginnt bzw. begonnen hat. Teilnehmende an der verkürzten oder unverkürzten ZQ Alpha erhalten die Ausnahmegenehmigung zeitnah nach Beginn der ZQ Alpha von Amts wegen, soweit die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen. Eine gesonderte Antragstellung ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
  2. Eine auf 18 Monate befristete Ausnahmegenehmigung zum Unterrichten in Alphabetisierungskursen können Studierende der Masterstudiengänge von der Liste des BAMF Liste der anerkannten Studiengänge für Alphabetisierung erhalten, die eine Zulassung des BAMF nach § 15 IntV für das Unterrichten in Integrationskursen besitzen und mindestens zwei erfolgreich abgeschlossene Semester im Masterstudium absolviert haben. Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist, dass der Antrag bis spätestens 31.12.2025 beim BAMF eingegangen ist.


Weitere Informationen, Hinweise zur Beantragung der Ausnahmegenehmigung und Empfehlungen für Kursträger zum optimierten Einsatz von bereits zugelassenen und zum Unterrichten berechtigten Alpha-Lehrkräften finden Sie in der Anlage 1 zum Trägerrundschreiben 02/24.