Evaluation des humanitären Aufnahmeprogramms "Neustart im Team" (NesT) ,
NesT ist Teil des deutschen Resettlement-Programms und ermöglicht die Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland. Sie werden von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren – den sogenannten Mentoring-Gruppen – unterstützt. Die Mentoring-Gruppen machen die Aufnahme der Geflüchteten möglich, indem sie sich finanziell und ideell daran beteiligen. Die Idee einer staatlich-gesellschaftlichen Kooperation bei der Aufnahme von Flüchtlingen wurde vor über 40 Jahren in Kanada entwickelt. Zunehmend stößt sie in Europa auf Interesse. Neben Deutschland werden humanitäre Aufnahmeprogramme in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft etwa in Belgien, Irland oder in Großbritannien umgesetzt. Das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) hat NesT von Beginn evaluiert und kommt zu dem Ergebnis, dass es eine wichtige Ergänzung für den Ausbau legaler Zugangswege zum Schutz von Geflüchteten ist. Es muss dennoch qualitativ und zahlenmäßig weiterentwickelt werden, um sich in der deutschen Flüchtlingspolitik zu etablieren.
Das NesT-Programm wurde 2019 als Pilotprojekt von der Bundesregierung initiiert und ist seit Januar 2023 reguläres Aufnahmeprogramm des Bundes. Es ist Teil des deutschen Resettlement-Programms. Damit werden Personen aufgenommen, die aus ihren Herkunftsländern geflohen sind und sich in sogenannten Erstzufluchtsstaaten aufhalten. Die Betroffenen haben in dem Land ihrer Zuflucht weder die Perspektive auf Integration, noch haben sie die Möglichkeit in ihr Herkunftsland zurückzukehren.
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Mit dem NesT-Programm werden nur dann besonders schutzbedürftige Geflüchtete aufgenommen, wenn zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure – die sogenannten Mentoring-Gruppen – sie finanziell und ideell in Deutschland unterstützen. Sie stellen den Geflüchteten einen angemessenen Wohnraum zur Verfügung und übernehmen für zwölf Monate die Nettokaltmiete. Zudem erklären sie sich bereit, die aufgenommenen Personen mindestens ein Jahr mit Rat und Tat zu unterstützen. Eine eigens für das NesT-Programm eingerichtete Zivilgesellschaftliche Kontaktstelle (ZKS – bestehend aus Vertretern der Caritas, des Deutschen Roten Kreuzes und der Evangelischen Kirche von Westfalen) ist Ansprechpartnerin für Interessierte und entstandene Mentoring-Gruppen.
"Die Geflüchteten haben oft viele Jahre unter schwierigen Bedingungen in Flüchtlingslagern oder in prekären Wohnverhältnissen in einem Erstzufluchtsstaat gelebt. Die Gastfreundschaft vonseiten der Mentorinnen und Mentoren sowie der Bezug einer eigenen Wohnung signalisieren für sie ein „Ankommen“ und einen Neuanfang in Deutschland
", so Dr. Florian Tissot , wissenschaftlicher Mitarbeiter im BAMF-FZ und Mitautor.
Evaluation
Zwischen 2019 und 2022 hat das BAMF-FZ die Pilotphase des NesT-Programms evaluiert. Dazu wurden Interviews mit allen am NesT-Programm beteiligten Stellen sowie mit Geflüchteten und mit sich im Programm engagierenden Ehrenamtlichen geführt. Zudem wurden administrative Programmdaten ausgewertet. Der nun veröffentlichte Evaluationsbericht analysiert die praktische Umsetzung des Programms und formuliert Vorschläge für die zielgerechte Programmentwicklung.
Die Ergebnisse der Evaluationsstudie bestätigen eine hohe Bereitschaft der Mentoring-Gruppen, Geflüchteten einen guten Start in Deutschland zu ermöglichen. Die Mehrheit der am NesT-Programm teilnehmenden Mentorinnen und Mentoren haben bereits Erfahrung im Ehrenamt oder sind hauptamtlich in der Integrationsförderung tätig. Somit können sie auf ein breites Wissen und Kontakte vor Ort zugreifen, welche den Geflüchteten bei der Bewältigung des Alltags zugutekommen beispielsweise bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Geflüchtete geben in den Interviews an, dass sie die schnelle Orientierung am Ankunftsort sowie die sofortigen Kontakte zur lokalen Bevölkerung sehr schätzen.
Allerdings ist die Teilnahme am Programm für ehrenamtlich tätige Personen anspruchsvoll und birgt viele Voraussetzungen, etwa die Bereitstellung einer Wohnung angesichts angespannter Wohnungsmärkte, eine relativ hohe finanzielle Beteiligung in Form der netto Mietzahlungen sowie eine umfangreiche und langfristige soziale Unterstützung der Aufgenommenen im Alltag. Zudem wirkten die Umstände der COVID-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine einschränkend auf die Zahl der entstandenen Mentoring-Gruppen. Im Evaluationszeitraum 2019 bis 2021 haben sich 149 engagierte Personen zu 27 Mentoring-Gruppen zusammengetan und die Aufnahme von 118 Geflüchteten ermöglicht. Im Jahr 2022 haben vier weitere Mentoring-Gruppen 21 Geflüchtete aufgenommen.
Ziel von NesT ist es, durch zivilgesellschaftliche Unterstützung zusätzliche Aufnahmeplätze für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen und die grundsätzliche Bereitschaft zur Aufnahme Schutzsuchender in der Gesellschaft zu erhöhen. Im Jahr 2023 sollen bis zu 200 Geflüchteten über das NesT-Programm eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland erhalten. Um die avisierte Aufnahmezahlen zu erreichen, gilt es die Teilnahmehürden für die Mentoring-Gruppen zu senken, lautet eine Empfehlung aus der Studie. Erste Schritte in diese Richtung fanden bereits im Zuge der Verstetigung des Programms zum 1. Januar 2023 statt: So wurde beispielsweise die Dauer der Finanzierung der Nettokaltmiete als Hauptbestandteil der finanziellen Unterstützung durch die Mentoring-Gruppe von 24 auf 12 Monate reduziert.
Das Aufnahmeprogramm "Neustart im Team"
Zwischen 2019 und 2022 hat das Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) die Umsetzung des staatlich-gesellschaftlichen Pilotprogramms NesT zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Geflüchteter evaluiert. Der Forschungsbericht 44 befasst sich mit den Ergebnissen der Evaluation.