Kochen, Service und die deutsche Sprache lernen , Datum: 08.03.2022, Format: Meldung, Bereich: Integration , Azubi-BSK: Zwei junge Frauen auf ihrem Weg zur Fachkraft in Deutschland

Zum heutigen Weltfrauentag stellt das Bundesamt zwei starke junge Frauen vor. Ihre berufliche Zukunft sehen sie in Deutschland, hier wollen sie als Fachkräfte der Hotel- und Gastronomie ihren Weg gehen. Unterstützt werden sie dabei durch einen Azubi-Berufssprachkurs.

Kopfsalat, Karotten, Edelpilze und Rinderfiletspitzen – all das richtet Anisa Rahmoniddinzoda (21) sorgsam auf einem weißen Teller an, zusammen mit ein paar anderen Zutaten. "Hier noch ein kleines bisschen mehr", kommt der Rat von einem Kollegen. Sie setzt es gleich um, das weiße Dressing ist nun gleichmäßig verteilt.

Nach dem "Wellnesssalat" geht es an die "Etwas Sünde": Aus Waldbeeren und Pralinen-Parfait wird eine süße Nachspeise. Die junge Frau, die ihr dunkles Haar mit einem schwarzen Tuch zurückgebunden hat, lässt sich gerne erklären, wie sie Essen noch geschickter zu einem kulinarischen Erlebnis verarbeiten kann. "Und wenn dem Gast das Essen schmeckt, dann freut das mich."

Anisa Rahmoniddinzoda macht in einem großen Hotel im unterfränkischen Heimbuchenthal im Spessart eine Ausbildung zur Köchin. Sie ist im ersten Lehrjahr. Vor drei Jahren ist sie aus Tadschikistan nach Deutschland gekommen. Nach der Arbeit als Au Pair und einem Freiwilligendienst in einem Seniorenheim hat sie nun, so sagt sie, ihren Traumberuf gefunden. "Kochen macht mir Spaß." Nur mit der deutschen Sprache tut sie sich hier und da noch schwer. Sie hat ein B1-Zertifikat. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) beschreibt dies als erste Stufe der selbstständigen Sprachverwendung. Um in der Berufsschule aber gut mitzukommen und die Prüfungen zu bestehen, reicht dies aber oft nicht. Daher besucht Anisa Rahmoniddinzoda ausbildungsbegleitend einen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entwickelten "Auszubildenden-Berufssprachkurs" (Azubi-BSK).

"Ich habe gerne Kontakt mit Leuten"

Jeden Mittwoch sitzt Anisa Rahmoniddinzoda daher zusätzlich zu ihrer Arbeit ab 14 Uhr vier Unterrichtsstunden in einem eigens von ihrem Hotel und Ausbildungsbetrieb zur Verfügung gestellten Seminarraum. Neun Auszubildende des Hotel- und Gastgewerbes aus zwei Betrieben kommen hier für insgesamt 100 Unterrichtsstunden innerhalb eines Berufsschuljahres zusammen.

  Im fränkischen Heimbuchenthal machen zwei junge Frauen eine Ausbildung im Hotel- und Gastgewerbe. Begleitet werden sie dabei von einem Azubi-BSK. Quelle: BAMF

"Wir greifen das Thema von letzter Woche auf, erinnert ihr euch?", beginnt die Lehrerin den Unterricht. Einige der Teilnehmenden sitzen in ihrer Dienstkleidung im Kurs. Anisa Rahmoniddinzoda hat sich gerade noch schnell umgezogen. Sie sitzt neben Blinera Duraku, einer 22-jährigen Frau aus dem Kosovo. Auch sie hat im Herbst 2021 eine Ausbildung in der Gastronomie begonnen – als Hotelfachfrau. Dafür ist sie von ihrer Heimat nach Deutschland gekommen.

Die Kosovarin hat lange, braune Haare und ein verschmitztes Lächeln. In ihrer Ausbildung lernt sie, Tische einzudecken, Getränke zu servieren, Zimmer zu säubern und zu richten, Gästefragen an der Rezeption zu beantworten und alles andere, das zum Hotelgewerbe dazugehört. "Am liebsten mache ich Service. Ich habe gerne Kontakt mit Leuten", sagt die junge Frau. Und sie lernt gerne. In der Berufsschule am liebsten Fachtheorie. Und auch im Azubi-BSK bringt sie sich oft im Unterricht ein. "Stehengeblieben sind wir bei den Rechten und Pflichten von Auszubildenden", fährt die Lehrerin im Azubi-BSK fort. "Woran muss sich der Arbeitgeber halten?" "Er muss den Vertrag einhalten", sagt Blinera Duraku. Und weiter geht es mit Begriffen wie Lernpflicht, Sorgfaltspflicht und Tarifvertrag.

Über 120 Azubi-Kurse seit 2020

Ausgerichtet wird der Azubi-BSK, den die beiden Frauen besuchen, von den Euro-Schulen Aschaffenburg, nach einem speziellen Kurskonzept, das sie zuvor beim BAMF eingereicht haben. Ziel ist es, den Azubis eine passgenaue Sprachförderung anzubieten und sie so bestmöglich auf die sprachlich anspruchsvollen Zwischen- und Abschlussprüfungen vorzubereiten.

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist der Sprachkurs nicht nur für Auszubildende wie Anisa Rahmoniddinzoda und Blinera Duraku eine große Unterstützung hinsichtlich des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung. Nach einer Umfrage eines Fachverbandes fehlt in rund 80 Prozent aller Hotel- und Gastronomiebetriebe Deutschlands qualifiziertes Personal, das aber dringend gebraucht wird. Und viele junge Menschen mit Migrationshintergrund wollen gerne in dieser Branche – sowie in anderen von Fachkräftemangel betroffenen Bereichen – arbeiten, haben aber Sprachförderbedarf.

Aufgrund dieses hohen Bedarfes an Sprachförderung von Azubis pilotiert das BAMF seit 2020 die Azubi-BSK. Über 120 solcher Kurse starteten seither bundesweit – neben dem Hotelbetrieb und der Gastronomie auch bei Kurierdienstleistungen und Logistik, Gewerbe, Handwerk und Technik sowie in Ausbildungsberufen der Pflege – immer eng verzahnt mit den Trägern und Ausbildungsbetrieben.

"Ich denke, ich bin stark, weil ich das gemacht habe."

Der Azubi-BSK in Heimbuchenthal ermöglicht es den Teilnehmenden, die Sprachförderung mit ihrer Ausbildung eng zu verbinden. Für den Sprachkurs müssen sie nicht extra aus dem kleinen Ort in eine größere Stadt fahren. Die Lehrkraft kommt zu ihnen. Der Kurs ist Teil ihrer Ausbildung. "Das ist sehr gut für uns", sagt Blinera Duraku. "In der Schule hören wir nur, was der Lehrer erklärt. Ich weiß vieles. Aber wenn man nicht versteht, sagt man, ich weiß dieses nicht." Auch Anisa Rahmoniddinzoda sieht das so. "Viele Wörter haben in meiner Sprache keine richtige Übersetzung. Zum Beispiel ‚Schankverluste‘." In der Schule haben sie über den Schwund beim gewerblichen Ausschank gelernt. "Und dann konnte ich im Azubi-BSK nachfragen."

Eine junge Frau deckt einen Tisch mit Servietten und Besteck. Tische eindecken gehört zu Blinera Durakus Aufgaben. Am liebsten arbeitet sie aber im Service. Quelle: BAMF

"Deutsch hat oft so lange Wörter. Was machen wir damit?", fragt die Lehrerin die kleine Lerngruppe. "Teilen", wirft ein junger Mann ein. "Ja, von wo?", fragt sie weiter. "Von hinten", sagt Blinera Duraku. "Jugendarbeitsschutzgesetz" ist das Wort, das die Klasse dann gemeinsam auseinandernimmt, um es besser zu verstehen. Gesetz, Schutz, Arbeit, Jugend. Anisa Rahmoniddinzoda schaut immer wieder die Lehrerin aufmerksam an und schreibt dann auf das vor ihr liegende Blatt Papier. Beim Wort "Beglaubigung" versucht sie dann, der Klasse das Wort zu erklären.

Blinera Duraku und Anisa Rahmoniddinzoda haben einige Gemeinsamkeiten: Beide sind junge Frauen, die in Deutschland die Chance auf eine berufliche Zukunft sehen. Und sie sind bereit, einiges dafür zu tun und zu erarbeiten. "Ich kenne viele, die sagen, ich würde das nicht machen", sagt Blinera Duraku. Die vertraute Heimat verlassen, neue Freunde finden und eine neue Sprache lernen. "Ich denke, ich bin stark, weil ich das gemacht habe." Auch Anisa Rahmoniddinzoda ist stolz auf sich. "Ich habe schon viel geschafft." Und wenn sie die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben werden, "dann bin ich richtig glücklich", sagt sie. Kleine Momente des Glücks empfindet sie aber schon jetzt, "wenn die Chefin sagt, das hast du gut gemacht". Und wenn sie in der Küche steht und Gerichte zubereiten kann. "Auflauf ist auch immer lecker mit viel Gemüse", sagt die junge Frau aus Tadschikistan. Und Blinera Duraku sagt: "Ich freue mich, dass ich hier lernen kann."