Frauen in Migration und Integration im Fokus ,
Zum Weltfrauentag veröffentlicht das BAMF-Forschungszentrum neue Forschungsergebnisse zur gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen und Männern mit Fluchterfahrung.
Um die Erkenntnislage zu Frauen in Migration und Integration zu verbessern, bündelt das BAMF-Forschungszentrum seine Expertise und untersucht ihre Situation in verschiedenen Projekten stärker. Dadurch werden differenziertere Erkenntnisse gewonnen, die zur zielgruppenorientierten Weiterentwicklung der Angebote in den Bereichen Migration und Integration beitragen können.
Quelle: © BAMF
"Oftmals wird Migration als vorwiegend männliches Phänomen verstanden, was es in dieser Form aber nicht ist. Frauen und Männer nehmen zu fast gleichen Teilen am weltweiten Migrationsgeschehen teil. In Deutschland leben heute etwa gleich viele Frauen und Männer mit Migrationshintergrund. Es ist deshalb wichtig, die Rolle von Frauen in Migrations- und Integrationsprozessen fortwährend zu untersuchen, um Bedarfe und Handlungsoptionen zu identifizieren"
, betont Katrin Hirseland, Leiterin der Abteilung Forschungszentrum.
Frauen im Fokus der Integrationsforschung
Drei neue Kurzanalysen illustrieren, inwieweit Frauen und Männer mit Fluchterfahrung unterschiedliche Ausgangslagen und Rahmenbedingungen bei der gesellschaftlichen Teilhabe haben.
Analysen auf Grundlage der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten aus dem Jahr 2018 in den Kurzanalysen 1|2021 und 2|2021 verdeutlichen, dass geflüchtete Frauen vermehrt familien- und geflüchtete Männer verstärkt erwerbsorientiert sind. Haben Frauen mit Fluchterfahrung Kinder, verbringen sie einen großen Teil ihrer täglichen Zeit mit der Betreuung ihrer Kinder und Haushaltsaufgaben. Die stärkere Familienorientierung bietet geflüchteten Frauen dabei auch Chancen: Die Kurzanalyse 2|2021 zeigt, dass Kinder in einem positiven Zusammenhang mit der Kontaktwahrscheinlichkeit der Eltern zu Deutschen stehen. Eine mögliche Erklärung ist, dass sich durch Kinder soziale Räume mit vielfältigen Kontaktmöglichkeiten öffnen, etwa in Kindertagesstätten oder auf dem Spielplatz.
Gleichzeitig bringt die Familienorientierung aber auch Herausforderungen mit sich: Die Kurzanalyse 3|2021 untersucht auf der Basis von Befragungen im Rahmen des Forschungsprojekts "Evaluation der Integrationskurse EvIk", welchen Herausforderungen sich geflüchtete Frauen mit Kleinkindern beim Spracherwerb und beim Zugang zu einem Integrationskurs gegenübersehen. So treten für sie beim Zugang zum Integrationskurs strukturelle sowie individuell-familiäre Hürden zutage. Wie die Befragung zeigt, ist die wohl bedeutsamste strukturelle Hürde der Mangel an Regelangeboten der Kinderbetreuung in den Kommunen und Landkreisen. So erhalten viele geflüchtete Familien erst ab dem dritten oder sogar vierten Lebensjahr einen Betreuungsplatz für ihr Kind.
Weitere zentrale Forschungsergebnisse erläutern die Autorinnen hier im Interview.
Frauen im Fokus der Migrationsforschung am Beispiel Rückkehr
Rückkehrforschung ist ein Teilbereich der Migrationsforschung des BAMF-Forschungszentrums. Die Situation von Frauen wird auch hier verstärkt in den Blick genommen. Derzeit wird ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur wissenschaftlichen Begleitung des Rückkehrförderprogramms "StarthilfePlus" des Bundes durchgeführt. Zielsetzung ist es, Erkenntnisse zu Rückkehrprozessen zu gewinnen und Impulse für eine Weiterentwicklung der Rückkehrförderung zu geben.
Die Situation von Frauen bei der Rückkehr wird in diesem Forschungsprojekt differenziert erhoben und untersucht: In der ersten Projektphase waren gut ein Fünftel der 2.000 telefonisch Befragten in den Befragungsländern wie dem Libanon, Irak und Afghanistan Frauen. In der zweiten Projektphase wurden dieselben Befragten etwa zwei Jahre nach ihrer Rückkehr von IOM noch einmal kontaktiert. Insgesamt ist es gelungen, 1.000 Zurückgekehrte erneut zu interviewen. Um die Lage der Frauen vertieft zu erfassen, hat IOM zudem mit 20 Frauen in Armenien, Libanon und Irak persönliche Interviews geführt.
Quelle: © BAMF
"Zurückgekehrte Männer sind deutlich häufiger als Frauen erwerbstätig und es gelingt nur sehr wenigen Frauen, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern"
, so Tatjana Baraulina, verantwortliche Referatsleiterin im BAMF-Forschungszentrum, über die ersten Ergebnisse der Studie.
Ausführliche Ergebnisse werden Anfang 2022 erwartet.
Frauen im Migrationsgeschehen – global und national
Statistische Daten zeigen, dass Frauen weltweit annähernd genauso häufig über Staatsgrenzen hinweg migrieren wie Männer. Fast die Hälfte der 272 Millionen Menschen, die weltweit im Jahr 2019 nicht in ihrem Geburtsland gelebt haben, waren Frauen. Dieser Anteil ist in den letzten 20 Jahren konstant geblieben. Ähnlich sieht es mit dem globalen Frauenanteil bei geflüchteten Menschen aus. In Deutschland waren 2019 von den insgesamt 1,6 Millionen Zuzügen rund 39 Prozent Frauen (siehe dazu Migrationsbericht der Bundesregierung). Sie kamen beispielsweise, um in Deutschland zu arbeiten, zu studieren, bei ihren Familien zu leben oder um einen Asylantrag zu stellen. Die Fluchtmigration war in den Jahren ab 2015 stark von Männern geprägt. Aktuell stellen zwar noch mehr Männer als Frauen einen Asylerstantrag in Deutschland, allerdings nimmt der Frauenanteil seit 2015 zu - mit rund 44 Prozent in 2019 und 42 Prozent in 2020 (2015: 31 Prozent). Als Resultat der gesamten Migrationsbewegungen der letzten Jahrzehnte leben in Deutschland etwa gleich viele Frauen (49 Prozent) und Männer (51 Prozent) mit Migrationshintergrund.