Neue berufliche Perspektiven durch Sprache , Datum: 14.09.2019, Format: Meldung, Bereich: Integration

Am 14. September wird der Tag der deutschen Sprache gefeiert. Dieser seit 2001 jährlich am zweiten Wochenende im September stattfindende Aktionstag will darauf aufmerksam machen, wie wichtig die deutsche Sprache als Bindeglied innerhalb unserer Gesellschaft ist. Dieses Bewusstsein für die Bedeutung der Sprache teilen auch vielen Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern und bemühen sich deshalb darum, Deutsch zu lernen. So absolvieren derzeit unter anderem neun Geflüchtete und Migranten einen Berufssprachkurs auf dem hohen Leistungsniveau C1 bei der Volkshochschule (VHS) im emsländischen Meppen.

Fünf Frauen und vier Männer sitzen konzentriert in einem kleinen Klassenraum der Volkshochschule (VHS) in Meppen im Landkreis Emsland. VHS-Dozent Dirk Schneider erklärt, welche formalen Punkte beim Schreiben eines Geschäftsbriefes beachtet werden müssen, zeigt die sprachlichen Gepflogenheiten auf und erläutert, welche Floskeln besser vermieden werden sollten, wenn ein Anschreiben erstellt wird. Im Anschluss geht er geduldig auf die Fragen der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer ein.

Scheider korrigiert manchmal kleinere sprachliche Fehler. Mit seinen Schülerinnen und Schülern zeigt er sich aber grundsätzlich sehr zufrieden. "Die werden das alle packen", sagt der Dozent mit Blick auf die Prüfung, die allen Kursteilnehmenden bevorsteht. Zum überwiegenden Teil unterrichtet er Akademikerinnen und Akademiker, die aus ihren Heimatländern geflüchtet sind oder einen Migrationshintergrund haben. "Viele sind bereits gut qualifiziert nach Deutschland gekommen und wollen hier etwas leisten. Das merkt man im Unterricht", so Schneider. Es sei nicht leicht, eine neue Sprache auf diesem Leistungsniveau zu erlernen. "Wir verlangen hier Einsatz", so Schneider. Die Teilnehmenden müssen am Ende Deutsch flüssig und fehlerfrei sprechen und schreiben können. Auch Fremdwörter sollten zum Vokabular gehören oder zumindest aus dem Kontext erschlossen werden. Schneider betont zudem, dass es bei der C1-Prüfung nicht nur auf das Abfragen von Grammatik und Vokabeln ankomme. Der Kurs sei ein Mittel, um sich mit der deutschen Kultur auseinanderzusetzen. Ein entsprechendes Verständnis müsse in der Prüfung unter Beweis gestellt werden. "So haben die Teilnehmer mit dem Abschluss eines C1-Kurses gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und kommen später in der Berufswelt gut klar", macht Schneider deutlich.

Das ist den neun Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die aus Gabun, Polen, Syrien und Mazedonien stammen, bewusst. 20 Stunden in der Woche pauken sie deshalb Deutsch. Insgesamt 400 Unterrichtsstunden müssen sie hinter sich bringen. Im Anschluss wartet die Prüfung. Wenn diese bestanden wird, wird das C1-Niveau bescheinigt. "Neben den Unterrichtsstunden muss der Stoff zu Hause aufgearbeitet werden. Damit ist das ein Vollzeitkurs", sagt Radka Lemmen, Bildungsmanagerin bei der VHS in Meppen und verantwortlich für die Organisation der Sprachausbildung. Die Bedeutung des Kurses schätzt sie hoch ein. "Wir vermitteln die Kompetenzen zur interkulturellen Kommunikation", sagt Lemmen. Ein wesentliches Ziel sei, den Schülerinnen und Schülern die deutsche Sprache so zu vermitteln, dass sie in sich jedem Berufsfeld mit Kundschaft, Vorgesetzen und Mitarbeitenden problemlos verständigen können. Im Vorfeld werde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern besprochen, ob sie den Anforderungen gerecht werden können. "Wir haben im Blick, wenn jemand noch nicht so weit ist", so die Bildungsmanagerin.

Zu den ehrgeizigen Teilnehmerinnen, die den Kurs vor dem Hintergrund klarer beruflicher Ziele besuchen, gehört die 34-jährige Alaa Saleh. Vor vier Jahren ist sie mit ihren beiden Kindern von Syrien nach Deutschlang geflüchtet. Seitdem lebt sie in Meppen. Vor etwa einem Monat ist auch ihr Mann über den Familiennachzug nach Deutschland gekommen. Saleh fühlt sich wohl und vor allem sicher im Emsland und sie hat den Mut, beruflich neu anfangen. In Syrien hat sie neben englischer Literatur auch Hebräisch und Deutsch studiert. "Aber als ich in Deutschland ankam, habe ich schnell gemerkt, dass die Verständigung schwierig war", so die Syrerin. "Innerhalb von acht Jahren habe ich einfach viel von der deutschen Sprache vergessen", gibt sie lachend zu. "Zunächst kam der Anfängerkurs A1, denn ich musste erstmal wieder reinkommen", so Saleh. "Schließlich habe ich das B2-Niveau erreicht", sagt die 34-Jährige stolz. Nach dem Ende des C1-Kurses möchte sie an ihren alten Beruf anknüpfen. In Syrien hat sie Englisch unterrichtet. Doch ihr Abschluss wird nicht anerkannt. "Vielleicht studiere ich noch einmal", so Saleh. Der Berufssprachkurs eröffne ihr die Möglichkeit dazu. "Außerdem war es mir wichtig, die Sprache des Landes zu sprechen, in dem ich lebe", erklärt die Syrerin.

Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch. Radka Lemmen ist Bildungsmanagerin bei der VHS in Meppen und verantwortlich für die Organisation der Sprachausbildung. Quelle: BAMF - Schepers

Ein Ziel verbindet auch Florence Léa Awore Onanga aus Gabun mit dem Berufssprachkurs. Sie möchte Krankenpflegerin werden oder eine Ausbildung als Medizinisch-technische Assistentin absolvieren. "Dazu brauche ich den C1-Kurs", so Awore Onanga. Im Jahr 2016 hat sie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen und bemüht sich darum, die Sprache zu lernen. "Für mich ist eine gute Aussprache sehr wichtig und ich lerne hier nebenbei auch viel über Deutschland und die Kultur", sagt sie im flüssigen Deutsch mit leichtem französischem Akzent. Davor hat sie alle Anfänger- und Fortgeschrittenensprachkurse durchlaufen. "Das hat etwas gedauert, da ich als Altenpflegehelferin arbeite und zwei Kinder großziehe", so Awore Onaga. Sie habe schnell gemerkt, dass sich die stetige Verbesserung ihrer deutschen Sprachfähigkeiten positiv auf ihr soziales und berufliches Umfeld auswirken. "Heute verstehe ich alles. Das macht die Arbeit viel einfacher", freut sich Awore Onanga.

Tambi Abaza hat ebenfalls den Willen sich in Deutschland zu integrieren und beruflich Fuß zu fassen. Der 44-Jährige war Apotheker in seinem Heimatland Syrien. "Auf der Flucht habe ich allerdings alle Zeugnisse verloren", berichtet Abaza. So könne er nicht mehr nachweisen, dass er ein Studium abgeschlossen habe. Doch der 44-Jährige will nicht aufgeben und eine Ausbildung in einem Beruf im Gesundheitswesen beginnen. "Mein Wunsch wäre eine Schulung als Pharmazeutisch-technischer Assistent. Aber die Arbeit als Krankenpfleger würden auch in Frage kommen", sagt er. Dazu gehört für ihn ganz selbstverständlich das Erlernen der deutschen Sprache auf einem guten Niveau. Er lobt die Dozenten des Deutschkurses, die ihm dabei helfen, seinen Traum vom beruflichen Neuanfang zu verwirklichen.

Text: Heinrich Schepers