Zwischen Duldung und Bleiberecht: Wie und für wen wirkt das Chancen-Aufenthaltsrecht? ,
Quelle: © BAMF
Die BAMF-Kurzanalyse 3|2025 untersucht Erteilungsmuster und Wirkungen des Chancen-Aufenthaltsrechts (§ 104c AufenthG). Diese Regelung trat Ende 2022 für die Dauer von drei Jahren in Kraft und gewährt langjährig geduldeten Personen ein 18-monatiges "Aufenthaltsrecht auf Probe". Die Kurzanalyse zieht eine erste Zwischenbilanz dieser in Deutschland bislang einmaligen Regelung.
Ziel des Chancen-Aufenthaltsrechts ist es, die Anzahl langjährig geduldeter Personen zu senken und Anreize für Arbeitsmarktintegration und Identitätsklärung zu schaffen. Während des 18-monatigen "Aufenthalts auf Probe" besteht die Möglichkeit, die Erteilungsvoraussetzungen für ein längerfristiges Bleiberecht zu erfüllen. Basierend auf Daten aus dem Ausländerzentralregister zum Stand September 2024 untersucht die Kurzanalyse erstmalig folgende Fragen: In welchem Umfang und von wem wurde das Chancen-Aufenthaltsrecht bisher in Anspruch genommen? Trägt es bisher wie beabsichtigt zu Identitätsklärung und Aufenthaltsverstetigung bei?
Die Kurzanalyse ist im Rahmen des Forschungsprojektes "Machbarkeitsstudie zu Im-/Mobilität ausreisepflichtiger Personen in Deutschland" (MIMAP) entstanden.
Zentrale Ergebnisse
Erhalt eines Chancen-Aufenthaltsrechts bei rund der Hälfte der Berechtigten
Bis zum 31. Oktober 2022, dem Stichtag der Regelung, hielten sich rund 137.000 Personen mit Duldung seit mindestens fünf Jahren in Deutschland auf. Sie sind damit formal berechtigt, das Chancen-Aufenthaltsrecht zu erhalten. In den ersten eineinhalb Jahren nach Inkrafttreten wurde bereits an mehr als 76.000 Personen ein Chancen-Aufenthaltsrecht erteilt.
Keine systematischen Ungleichheiten bei der Erteilung
Die Erteilung des Chancen-Aufenthaltsrechts erfolgt ohne strukturelle Barrieren für bestimmte Gruppen geduldeter Personen: Männer und Frauen erhalten gleichermaßen häufig ein Chancen-Aufenthaltsrecht. Ebenso spielen das Alter und der Familienstand der berechtigten Personen beim Erhalt eines "Aufenthalts auf Probe" keine Rolle.
Mehr Identitätsklärungen durch das Chancen-Aufenthaltsrecht
Die Klärung der Identität ist für die Erlangung eines Chancenaufenthaltsrechts nicht erforderlich. Ein Identitätsnachweis ist, neben weiteren Erteilungsvoraussetzungen, erst während des "Aufenthalts auf Probe" für den Wechsel in ein längerfristiges Bleiberecht zu erbringen. Die Kurzanalyse zeigt eine deutlich höhere Rate der Identitätsklärung nach Erhalt eines Chancen-Aufenthaltsrechts verglichen mit potenziell berechtigten geduldeten Personen mit ungeklärter Identität, die es bislang (noch) nicht erhalten haben.
Zwischenbilanz: kurzfristiges Bleiberecht wahrscheinlicher, langfristige Wirkung noch unklar
Das Chancen-Aufenthaltsrecht erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Langzeitgeduldete einen – zumindest kurzzeitig befristeten – Aufenthaltstitel erhalten. Bisherige Daten liefern jedoch nur erste Anhaltspunkte dazu, ob die Regelung auch längerfristig zu einer Aufenthaltsverstetigung beiträgt: Bislang wechselten 15 Prozent aus dem Chancen-Aufenthaltsrecht in einen anderen Aufenthaltstitel. Dagegen fielen 2,5 Prozent zurück in die Duldung. Erkenntnisse über die langfristige Wirkung und Zielerreichung des Chancen-Aufenthaltsrechts sind frühestens nach Ablauf der Regelung Ende 2025 möglich.
Die Kurzanalyse wurde verfasst von: Dr. Laura Peitz und Anne-Kathrin Carwehl
Zitation
Peitz, L. & Carwehl, A.-K. (2025). Zwischen Duldung und Bleiberecht: Wie und für wen wirkt das Chancen-Aufenthaltsrecht? (Kurzanalyse 03|2025). Nürnberg. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
https://doi.org/10.48570/bamf.fz.ka.03/2025.d.2025.chaufr.1.0