Muslimisches Leben in Deutschland 2020 ,
Quelle: BAMF
Der Forschungsbericht zur Studie "Muslimisches Leben in Deutschland 2020 (MLD 2020)" enthält aktuelle Erkenntnisse über die in Deutschland lebende muslimische Bevölkerungsgruppe. Hierfür wurden zwischen Juli 2019 und März 2020 insgesamt rund 5.200 Personen befragt.
Die Studie "Muslimisches Leben in Deutschland 2020" wurde im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) durchgeführt. Zum einen wurde eine neue Hochrechnung über die Zahl der muslimischen Religionsangehörigen sowie eine Analyse der Sozialstruktur vorgenommen. Zum anderen liefert sie belastbare Informationen über die religiöse Alltagspraxis von Musliminnen und Muslimen sowie Erkenntnisse zu Aspekten ihrer Integration.
Um eine Einordnung der Ergebnisse zu ermöglichen, wurden Vergleiche mit anderen gesellschaftlichen Gruppen gezogen. So können Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen muslimischen Religionsangehörigen und Angehörigen einer anderen Religion aus den gleichen Herkunftsländern sowie Personen ohne Migrationshintergrund gezeigt werden.
Zentrale Ergebnisse der MLD-Studie 2020
Ergebnisse der Hochrechnung
In Deutschland leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen muslimische Religionsangehörige mit Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Herkunftsland. Damit liegt der Anteil der muslimischen Religionsangehörigen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2019 zwischen 6,4 und 6,7 Prozent.
In den Jahren seit 2008 ist die muslimische Bevölkerungsgruppe in Deutschland vielfältiger geworden, wobei Personen aus der Türkei weiterhin die größte Herkunftsgruppe unter muslimischen Personen bilden.
Eine deutliche Mehrheit der Musliminnen und Muslime ist gläubig
82 Prozent der befragten muslimischen Religionsangehörigen geben an, stark oder eher gläubig zu sein. Sie sind damit deutlich gläubiger als christlichen Personen ohne Migrationshintergrund, nicht aber als Personen mit Migrationshintergrund, die christlich sind oder einer anderen Religion angehören.
70 Prozent der muslimischen Frauen und Mädchen tragen kein Kopftuch
Ob ein Kopftuch getragen wird, hängt stark vom Alter ab. Von den Mädchen im Kindergarten- oder Grundschulalter (bis 10 Jahre) sind es weniger als ein Prozent. Mit Eintritt der Pubertät erhöht sich der Anteil. Von den über 65-Jährigen tragen 62 Prozent ein Kopftuch.
Musliminnen und Muslime schätzen ihre Deutschsprachkenntnisse häufig als gut oder sehr gut ein
Die meisten muslimischen Religionsangehörigen schätzen ihre Deutschsprachkenntnisse als gut oder sehr gut ein (79 Prozent). Unter den muslimischen Personen, die in Deutschland geboren sind, attestieren sich annähernd alle Personen sehr gute Sprachkenntnisse (93 Prozent).
Bei der schulischen und beruflichen Bildung lässt sich ein Nachholbedarf erkennen
Das schulische Bildungsniveau der muslimischen Religionsangehörigen im Alter ab 16 Jahren ist oftmals schlechter als bei Personen ohne Migrationshintergrund. Vor allem der Anteil der Personen ohne Schulabschluss ist höher. Bei in Deutschland geborenen Musliminnen und Muslimen ist ein Bildungsaufstieg jedoch erkennbar.
Keine sozialen Abgrenzungstendenzen erkennbar
65 Prozent der muslimischen Religionsangehörigen äußern, häufig Kontakt zu Personen ohne Migrationshintergrund im Freundeskreis zu haben. Hinzu kommen Kontakte zu Personen ohne Migrationshintergrund in der Familie, in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz. Muslimische Religionsangehörige mit weniger sozialen Kontakten zeigen einen starken Wunsch nach häufigeren Kontakten zu Personen ohne Migrationshintergrund, sodass insgesamt betrachtet eine hohe Offenheit erkennbar ist.
Der Einfluss der Religion auf die Integration wird häufig überschätzt
Die Ergebnisse der Analysen zeigen, dass sich Musliminnen und Muslime im Hinblick auf die betrachteten Integrationsindikatoren kaum von Personen unterscheiden, die ebenfalls einen Migrationshintergrund aus den berücksichtigten muslimisch geprägten Herkunftsländern haben, die aber einer anderen Religion angehören.
Der Forschungsbericht wurde verfasst von: Katrin Pfündel, Dr. Anja Stichs und Dr. Kerstin Tanis