Distanzierungsverläufe vom salafistischen Extremismus ,
Quelle: BAMF (Coverbild: AdobeStock | PThira89)
Was sind Auslöser und Bedingungen, die Personen dazu veranlassen, sich vom Salafismus lösen zu wollen? Wie unterscheiden sich die Wege der Distanzierung? Was kann Beratung bewirken? Die Ergebnisse der Verbundstudie "Praxisorientierte Analyse von Deradikalisierungsverläufen" ("PrADera") geben Aufschluss.
Ein Team von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen des Zentrums Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin, des Kompetenzzentrums für Deradikalisierung des Bayerischen Landeskriminalamts und des Forschungszentrums des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hat die Studie "PrADera" gemeinsam durchgeführt. Das Projekt wurde aus den Mitteln des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus (NPP) vom Bundesministerium des Innern und für Heimat gefördert.
Für das Projekt wurden Interviews mit 16 ehemaligen Szenemitgliedern geführt und wissenschaftlich ausgewertet. Ziel des Forschungsvorhabens war es, ein verbessertes Verständnis von Distanzierungsverläufen zu erhalten sowie verbesserte Ansätze für die Gestaltung differenzierter, zielgruppenspezifischer Interventionsmaßnahmen zu entwickeln. Zu diesem Zweck orientiert sich die Studie an vier zentralen Forschungsfragen:
- Welche Entwicklungsverläufe lassen sich mit Blick auf die Phasen Hinwendung, Verbleib und Abwendung beobachten?
- Welche Wirkfaktoren und -mechanismen es gibt, die Distanzierungsverläufe begünstigen oder auch erschweren?
- Welche Rolle spielen dabei Interventionen von Sicherheitsbehörden und/oder Träger der Distanzierungsarbeit spielen?
- Wie lassen sich Distanzierungsverläufe mit Blick auf im Einzelfall zum Tragen kommende Wirkfaktoren und -mechanismen typisieren?
Aus der fallvergleichenden Analyse wurde eine Typologie von Distanzierungsverläufen erarbeitet, die insbesondere darauf eingeht, welche Erlebnisse und situativen Umstände den Ausgangspunkt eines Distanzierungsprozesses bildeten. Aus den Ergebnissen wurden drei unterschiedliche Verlaufstypen abgeleitet:
- Erstens, der Typ "Autonomer Wandel", der sich durch einen kurzfristig einsetzenden, eigenständigen biografischen Wandel auszeichnet. Diesen Personen gelingt es, selbstständig alternative Lebenspläne zu entwerfen und eigenständig umzusetzen.
- Zweitens, der Typ "Blockierter Wandel". Für Personen dieses Typs sind alternative Lebenspläne kognitiv verfügbar, die Umsetzung ist im weiteren Verlauf aber blockiert, beispielsweise aufgrund mangelnder Unterstützung außerhalb der Szene.
- Und drittens, der Typ "Unterstützter Wandel". Hier ist das Individuum nicht dazu in der Lage, selbstständig einen alternativen Handlungsentwurf zu entwickeln. Erst durch professionelle Unterstützung durch ein Beratungsangebot oder aber die Integration in eine neue Subkultur gelingt es dem Individuum langfristig, neue Handlungspotenziale auszubilden und einen biografischen Wandel zu beginnen.
Der Beitrag zur Studie wurde verfasst von: Corinna Emser, Imke Haase, Mika Moeller, Christoph Nagel und Robert Pelzer