Rolle von Migrationsbehörden im Umgang mit Gefährderinnen und Gefährdern , Datum: 16.07.2020, Format: Working Paper, Bereich: Behörde , Studie der deutschen nationalen Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk

Die Studie des Europäischen Migrationsnetzwerks (EMN) thematisiert die Rolle von Migrationsbehörden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, sowie Ausländerbehörden) bei der Prävention, Identifikation und Nachverfolgung von Drittstaatsangehörigen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland darstellen.

In den letzten Jahren fokussierte die sicherheitspolitische Debatte in der Europäischen Union (EU) sowie in Deutschland insbesondere auf Maßnahmen gegen islamistische Radikalisierung, gewaltbereiten Extremismus und sogenannte Gefährderinnen bzw. Gefährder. Neben den EU-Staatsangehörigen wurden auch Drittstaatsangehörige in den Blick genommen. Hier wurden Maßnahmen getroffen, die aufenthaltsrechtliche Konsequenzen beinhalten und von den Migrationsbehörden umgesetzt werden. Die vorliegende EMN-Studie (Working Paper 86) beschreibt die Zuständigkeiten und Kompetenzen der Migrationsbehörden und geht auf die Verfahrensabläufe und Herausforderungen beim Umgang mit Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, ein.

Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden und Migrationsbehörden

Das BAMF spielt in der deutschen Sicherheitsarchitektur eine tragende Rolle, auch wenn es keine Sicherheitsbehörde ist. So koordiniert es im Rahmen des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) die Informationsübermittlung sowie Auswertung von sicherheitsrelevanten Erkenntnissen zwischen den Sicherheits- und Migrationsbehörden. Auch der Großteil der Bundesländer verfügt über Länderarbeitsgruppen, in denen neben den Sicherheitsbehörden auch das BAMF und die Zentralen Ausländerbehörden beteiligt sind. In den letzten Jahren hat sich der Informationsaustausch zwischen den Behörden insgesamt weiterentwickelt und die Zusammenarbeit intensiviert.

Präventive und Repressive Maßnahmen

Insgesamt verfolgen die deutschen Behörden einen Ansatz, der sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen gegen den Extremismus vereint. So unterstützt die Bundesregierung verschiedene Projekte zur Extremismusprävention und Demokratieförderung. Auch bietet beispielsweise die Beratungsstelle "Radikalisierung" des BAMF eine Anlaufstelle für Ratsuchende, die befürchten, dass eine Person in ihrem Umfeld sich islamistisch radikalisiert.

Gegen Drittstaatsangehörige, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft werden, setzen die Migrations- und Sicherheitsbehörden verschiedene aufenthaltsrechtliche und aufenthaltsbeendende Maßnahmen um. Je nach Schwere der Gefahr, die von der Person ausgeht, kommen unterschiedliche Maßnahmen in Frage: Ausweisung, Nicht-Verlängerung des Aufenthaltstitels, Rücknahme und Widerruf des Aufenthaltstitels, Abschiebung, Aufenthaltsüberwachung, Verbot und Beschränkung der politischen Betätigung sowie Einreise- und Aufenthaltsverbote.

Herausforderungen

Insbesondere bei der Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, sehen die zuständigen Behörden größere rechtliche Herausforderungen, wenn zum Beispiel Reisedokumente fehlen oder Bedenken bestehen, dass die Person im Land der Rückkehr aufgrund des Abschiebungsgrundes gefoltert wird. Zum Teil werden im letzteren Fall diplomatische Zusicherungen der Länder eingeholt. Darüber hinaus bestehen Herausforderungen beim Informationsaustausch. Kooperationsplattformen wie das GTAZ verfolgen das Ziel, die Zusammenarbeit noch weiter zu verbessern.

Kooperationen innerhalb der EU

Auf europäischer Ebene gibt es bislang keine mit dem GTAZ vergleichbaren Kommunikations- und Koordinationsplattformen, in denen die Migrationsbehörden und Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten im Austausch miteinander stehen. So findet der Austausch zu sicherheitsrelevanten Aspekten im Zusammenhang mit Drittstaatsangehörigen zwischen Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten bilateral statt. Durch die Weiterentwicklung des Schengener Informationssystems (SIS) soll allerdings eine Datenbank geschaffen werden, mithilfe derer ab dem Jahr 2022 asyl- und teilweise auch aufenthaltsrechtliche Entscheidungen auf europäischer Ebene zugänglich sein werden.

Das Working Paper 86 ist im Rahmen des Europäischen Migrationsnetzwerkes bearbeitet worden.

Die Studie wurde verfasst von: Friederike Haberstroh

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