Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Staatsangehörigkeitsrecht , Datum: 16.06.2023, Format: Meldung, Bereich: Forschung

Aktuell wird ein Gesetzentwurf für ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht diskutiert, den das Bundesinnenministerium vor Kurzen veröffentlicht hat. Ziel ist es, sowohl die Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern als auch die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland zu fördern. Über dieses Vorhaben wurde im Rahmen einer Veranstaltung des Fritz-Erler-Forums Baden-Württemberg der Friedrich-Ebert-Stiftung am 15. Mai in Stuttgart debattiert. Dr. Axel Kreienbrink, Leiter des BAMF-Forschungszentrums (BAMF-FZ), hat dabei einige wissenschaftliche Erkenntnisse eingebracht.

Das Staatsbürgerschaftsrecht oder die Einbürgerungspolitik ist in Deutschland seit Jahrzehnten immer wieder Gegenstand intensiver politischer und öffentlicher Diskussionen. Trotz Anpassungen, wie der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts (StAG) im Jahre 2000, blieben Fragen wie z.B. die der doppelten Staatsbürgerschaft auf der Tagesordnung – auch angesichts von eher moderaten Einbürgerungszahlen im internationalen Vergleich.

So haben Jahr 2021 rund 131.600 ausländische Personen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Ende 2021 lebten aber rund 10,7 Millionen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, von denen sich rund 5,7 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland aufhielten und damit zumindest eine formale Einbürgerungsvoraussetzung erfüllen würden.

Ein Mann steht hinter einem Rednerpult Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. in Deutschland.

"Ein Vergleich mit anderen europäischen Staaten zeigt, dass Deutschland bei der durchschnittlichen Einbürgerungsrate weit unter dem Durchschnitt der Europäischen Union liegt. In der Europäischen Union betrug sie im Jahr 2019 durchschnittlich 2,0 Prozent, in Deutschland lediglich 1,3 Prozent", so Dr. Axel Kreienbrink in seinem einleitenden Beitrag zur Veranstaltung.

Mit den verschiedenen Inhalten des aktuellen Reformvorschlags (generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit, Senkung der Wartezeit für eine Anspruchseinbürgerung, Härtefallregelungen bei Sprachnachweisen etc.) geht auch die Diskussion einher, in welchem Verhältnis erfolgreiche Integration und Einbürgerung stehen oder stehen sollen. Die Frage ist, ob die Einbürgerung eher eine erfolgreiche Integration belohnt und also ein Schlusspunkt der Integration bzw. deren "Krone" sein soll – oder ob sie eher ein "Katalysator" ist, der Integration voranbringt.

Dazu führte Dr. Kreienbrink aus, dass die Forschung zu dieser Frage in der Summe die Schlussfolgerung zulässt, dass vermutlich beides richtig ist: "Eingebürgerte Migrantinnen und Migranten sind eine bereits vor dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit positiv selektierte Gruppe, was die Integration angeht. Zugleich scheint die Einbürgerung selbst aber mindestens in einigen Integrationsdimensionen auch als Katalysator für weitere Fortschritte zu wirken. Dies betrifft u.a. die Einkommensentwicklung und die Identifikation mit Deutschland."

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung diskutierte ein Podium mit Jasmina Hostert (MdB), Andreas Deuschle (Leiter des Einbürgerungsamtes Stuttgart) und Axel Kreienbrink, moderiert von Argyri Paraschaki-Schauer (Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg) verschiedene Aspekte der geplanten Gesetzesreform mit Blick auf Fragen von Mehrstaatigkeit, Identifikation und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Im Austausch mit dem Publikum kamen schließlich noch weitere Aspekte hinzu wie z.B. die aktuellen praktischen Herausforderungen bei Einbürgerungen.