Historisch hohe Zuwanderung durch Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine , Datum: 10.01.2024, Format: Meldung, Bereich: Behörde , Migrationsbericht für das Jahr 2022 veröffentlicht

Am 10. Januar 2024 wurde der Migrationsbericht für das Jahr 2022 im Bundeskabinett verabschiedet. Der Bericht wird jährlich im Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) erstellt. Im Interview spricht Özlem Konar, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAMF-FZ, über die wichtigsten Ergebnisse.

Wie war die Migrationsentwicklung in 2022 und wie beeinflusste der Krieg in der Ukraine das Migrationsgeschehen in Deutschland?

Eine Frau lächelt in die Kamera. Özlem Konar Quelle: © BAMF

Im Jahr 2022 kamen 2,7 Mio. Menschen nach Deutschland. Gleichzeitig wurden 1,2 Millionen Fortzüge verzeichnet, was zu einer historisch hohen Nettozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen führte.

Diese Entwicklung ist eng mit dem Krieg in der Ukraine verbunden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sind Millionen von Menschen auf der Flucht - über 1 Million fanden dabei Schutz in Deutschland, darunter viele Frauen und Kinder. Die Ukraine nimmt mit 41 Prozent den größten Anteil aller Herkunftsländer an der Gesamtzuwanderung 2022 ein. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine müssen in Deutschland keinen Asylantrag stellen, sie erhalten einen vorübergehenden Schutz auf Basis einer EU-Richtlinie.

Neben den Schutzsuchenden aus der Ukraine haben rund 218.000 Menschen einen Asylerstantrag gestellt. Die Zahl Asylsuchender ist im Jahr 2022 damit um 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die meisten dieser Menschen kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Welche weiteren Migrationsgruppen spielten 2022 eine Rolle?

Die EU-Binnenmigration bildet eine weitere große Zuwanderungsgruppe, 2022 kamen etwa 23 Prozent der Zugewanderten aus EU-Staaten. Weiterhin ist der Familiennachzug zu nennen und auch die Bildungs- und die Erwerbsmigration nach Deutschland. Um den Fachkräftemangel entgegenzuwirken, spielt vor allem die Zuwanderung von (angehenden) ausländischen Fachkräften aus Drittstaaten eine immer größere Rolle. 2022 sind 73.000 Personen aus Nicht- EU-Staaten für eine Erwerbstätigkeit nach Deutschland eingereist, darunter waren 53 Prozent qualifizierte Fachkräfte mit einem anerkannten Abschluss. Damit zeigt sich nach den Einschnitten durch die COVID-19-Pandemie ein erfreulich deutlicher Aufwärtstrend. Eine besondere Rolle spielt dabei die die Blaue Karte EU.

Wie ist die demografische Struktur der Zugewanderten?

Die demografische Struktur der Migrantinnen und Migranten ist jünger als die der Gesamtbevölkerung. 72 Prozent der zugewanderten Personen waren unter 40 Jahre alt. Der weibliche Anteil bei den Zuzügen ist 2022 gestiegen und lag bei rund 50 Prozent. 2021 haben Frauen und Mädchen noch einen Anteil von rund 40 Prozent ausgemacht. Die Zuzüge aus der Ukraine, hauptsächlich von Frauen und Kindern, prägen diese Entwicklung.

Und was bedeuten all diese Entwicklungen für die Bevölkerungsstruktur in Deutschland?

Durch die hohe Zuwanderung ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland erneut gewachsen, auf nunmehr 28,7 Prozent. Für das Jahr 2022 hat das Statistische Bundesamt außerdem erstmals Zahlen nach einem alternativen statistischen Konzept, den "Personen mit Einwanderungsgeschichte", vorgelegt. Das sind Menschen, die entweder selbst oder bei denen beide Elternteile seit 1950 nach Deutschland eingewandert sind. Ihr Bevölkerungsanteil ist zwar mit 24,3 Prozent etwas geringer als der von Personen mit Migrationshintergrund. Beide Zahlen verdeutlichen jedoch die hohe Bedeutung von Migration für die Bevölkerungsstruktur in Deutschland.