Gerichtsstatistik 1. Halbjahr 2020 , Datum: 21.09.2020, Format: Meldung, Bereich: Asyl und Flüchtlingsschutz

Bestätigung der BAMF-Entscheidungen auf hohem Niveau

Der Anteil der Asylbescheide, der von den Gerichten nach einer Klage aufgehoben wurde, betrug im ersten Halbjahr 2020 rund 15 Prozent und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert (14,5 Prozent). Damit stabilisiert sich die Quote unter dem Niveau der Vorjahre 2017 (22 Prozent) und 2018 (17 Prozent). Im ersten Halbjahr 2020 wurden zudem mehr als 36 Prozent der Entscheidungen des Bundesamtes über Asylanträge von den Gerichten bestätigt. Bei den restlichen knapp 49 Prozent handelte es sich um sogenannte "sonstige Verfahrenserledigungen“.

Eine wichtige Ursache für anderslautende Urteile der Verwaltungsgerichte: Die beklagte Entscheidung des Bundesamtes lag zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung oftmals bereits einige Monate, teilweise aber auch mehrere Jahre, zurück. Daher kann die Beurteilung der Gerichte durch zwischenzeitliche Veränderungen, die das Bundesamt bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigten konnte, wie beispielsweise die Geburt von Kindern aber auch Auswirkungen der Corona-Pandemie, zwangsläufig abweichen. Dies wirkt sich bei der gerichtlichen Entscheidung häufig zu Gunsten der Kläger aus.

JahrGerichtsentscheidungen über Asylanträgedavon Entscheidungen des BAMF aufgehobenAnteil
2020*63.3099.64415,2 %
2019154.47922.35314,5 %
2018173.41629.70317,1 %
2017147.61632.52222,0 %
201670.9049.29913,1 %
201562.8282.6404,2 %
201440.7484.13010,1 %
201331.0754.01312,9 %

*) = 1. Halbjahr 2020

Hoher Anteil Klagen von afghanischen Schutzsuchenden

Syrer, denen vom Bundesamt bereits subsidiärer Schutz als Bürgerkriegsflüchtlinge zuerkannt wurde, streben weiterhin häufig, den höherwertigen Flüchtlingsschutz an. Allerdings sind die Zahlen jedoch deutlich rückläufig gegenüber den Vorjahren.

Fast 40 Prozent aller erfolgreichen Asylklagen des letzten Halbjahres betrafen Schutzsuchende aus Afghanistan. Auf diese Staatsangehörigen entfielen auch fast die Hälfte aller nachträglich zuerkannten Abschiebungsverbote durch die Gerichte. Diese machen damit mehr als 75 Prozent der Entscheidungen aus, die zugunsten der Kläger aus Afghanistan getroffen wurden. Hier zeigten sich vor allem Unterschiede bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit im Einzelfall, insbesondere zur Frage, ob die Schutzsuchenden in Afghanistan bei Rückkehr auf ein unterstützendes Umfeld zurückgreifen können. Auch Corona-bedingte Beschränkungen in den Herkunftsländern dürften hier bei der Einschätzung der Richter eine Rolle gespielt haben, besonders bei der Frage nach inländischen Fluchtalternativen. Zunehmend umstritten ist insbesondere auch die Bewertung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Die Gerichte haben hierzu bisher keine einheitliche Positionierung gefunden; obergerichtliche Entscheidung stehen noch aus.

49 Prozent der Entscheidungen der Gerichte entfielen auf so genannte "sonstige Erledigungen", worunter etwa auch Einstellungen der Klageverfahren aufgrund von klägerischen Rücknahmeerklärungen sowie Nicht-Betreibens durch die Schutzsuchenden oder aufgrund von Ausreisen in das Herkunftsland sowie klaglos-stellende Abhilfebescheide des Bundesamtes summiert werden. In rund 95 Prozent dieser Fälle wurde keine Schutzgewährung festgestellt. Aus Sicht des Bundesamtes müssen auch diese Verfahrenserledigungen in der Gesamtbewertung berücksichtigt werden.

Ablehnende Bescheide: Gegen 3 von 4 wird geklagt

Die absolute Zahl der Klagen gegen Bescheide des Bundesamtes ist parallel zur Zahl der Entscheidungen des Bundesamtes zurückgegangen. Prozentual bewegt sich die Klagequote auf dem Niveau der beiden Vorjahre: Gut jeder zweite Asylbescheid wird beklagt; bei ablehnenden Entscheidungen sind es drei von vier Bescheiden. Zurückzuführen ist diese Entwicklung vor allem auf die im Vergleich zu früheren Jahren geringere Schutzquote. Denn je häufiger Entscheidungen des Bundesamtes negativ ausfallen, desto häufiger werden sie beklagt - oft schon allein deshalb, um den Aufenthalt zu verlängern. Rückschlüsse auf die Qualität der Asyl-Entscheidungen des Bundesamtes lassen sich aus der Zunahme der Klagequote nicht herleiten.

Jahr

Entscheidungen über Asylanträge
insgesamtdavon beklagtabgelehntdavon beklagt
2020*78.97647,2%47.29474,2 %
2019183.95449,5%113.62575,0 %
2018216.87353,6%140.90275,8 %
2017603.42849,8%341.78973,4 %
2016695.73324,8%261.81343,2 %
2015282.72616,1%141.81131,9 %
2014128.91140,2%88.34855,8 %
201380.97846,2%60.85057,0 %

*) = 1. Halbjahr 2020

Hinweis

Bei der vom Bundesamt veröffentlichten Gerichtsstatistik handelt es sich nicht um die amtliche Gerichtsstatistik. Diese wird vom Statistischen Bundesamt erstellt. Aufgrund der unterschiedlichen Zählweisen sind diese Statistiken nicht vergleichbar. Die Auswertungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sind rein personenbasiert und werden aus dem bundesamtseigenen System MARIS generiert.