Migrationsberatung während der Corona-Krise , Datum: 02.06.2020, Format: Meldung, Bereich: Integration

In den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) koordinierten Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zuwandernde (MBE) konnten aufgrund der Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie seit Wochen kaum noch Vor-Ort-Beratungen stattfinden. Das Beispiel von zwei Beratungsstellen in München und Hessen zeigt jedoch, wie kompetente Beratung auch in der aktuellen Ausnahmesituation gut gelingen kann.

Um die Ratsuchenden, aber auch die Mitarbeitenden zu schützen, wurden in den vergangenen Wochen bei Zoya Zakharchenko in der Migrationsberatung vom Bund der Vertriebenen (BdV) im Landesverband Hessen keine persönlichen Beratungen durchgeführt. Auch bei der Migrationsberatung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in München stiegen die Beratenden wie Márcia de Oliveira Kaeding auf Homeoffice um. Seitdem wird der Großteil der Beratungen bei BdV und AWO telefonisch und per E-Mail durchgeführt.

Obwohl man der raschen Umstellung auf Telefon- und Online-Beratung in beiden Beratungsstellen anfangs etwas besorgt entgegenblickte, zeigten sich bald sogar Vorteile. "Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass Beratung über elektronische Medien viele Chancen bietet, unseren Arbeitstag zu entlasten und unseren Klienten einen erleichterten Zugang zu notwendigen Informationen zu verschaffen", sagt Zakharchenko. Dies sieht ihre Münchner Kollegin ähnlich: "Unter unseren Ratsuchenden sind beispielsweise viele Mütter, die sonst mit ihren Kindern und samt Kinderwagen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln für das Gespräch einmal quer durch die Stadt fahren müssen. Nun können sie sich ganz einfach telefonisch Rat einholen." Einige der Ratsuchenden seien zudem am Telefon weniger schüchtern als beim unmittelbaren Kontakt, ist der Eindruck von de Oliveira Kaeding.

Porträtbild einer Frau Beraterin Zoya Zakharchenko ist bei der Migrationsberatung des BdV tätig. Quelle: privat

Während Márcia de Oliveira Kaeding in München vorerst weiter aus dem Homeoffice berät, laufen bei Zoya Zakharchenko in Wiesbaden nun die Präsenzberatungen unter strengen Schutzmaßnahmen langsam wieder an. Denn obwohl die Umstellung auf Online- und Telefonberatung auch in Wiesbaden vor allem von Stammkunden gut angenommen wurde, gab es auch Schwierigkeiten. "Es war schon kompliziert, neue Kunden mit geringen Deutschkenntnissen am Telefon zu beraten. Ich habe zwar die Hilfe eines Dolmetschers für die telefonischen Sitzungen hinzugezogen, jedoch war es oft nicht nachvollziehbar, welche Emotionen die gegebenen Informationen bei dem Ratsuchenden hervorrufen", erzählt Zakharchenko. Der direkte Kontakt zu Klientinnen und Klienten sei in Notfällen aber auch in München nicht ausgeschlossen, wie de Oliveira Kaeding von der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer berichtet: "Ich selbst hatte bisher nur einen Fall, bei dem ein Treffen wirklich nötig war, denn ich musste einem Klienten wichtige Formulare übergeben, die er selbst nicht ausdrucken konnte. Die Übergabe lief vor dem Bürogebäude mit Mundschutz dann allerdings völlig problemlos."

Doch die Corona-Pandemie hat nicht nur die Beratungssituation verändert – auch die Anliegen der Ratsuchenden waren in den vergangenen Wochen andere. "Ein großes Thema war anfangs die Kurzarbeit", sagt die Beraterin aus München. "Wir mussten vielen Klientinnen und Klienten überhaupt erklären, was man darunter versteht, denn das Konzept Kurzarbeit gibt es in vielen Ländern gar nicht. Ich hatte auch schon Fälle, bei denen die Anrufer davon ausgegangen waren, dass dies einer Kündigung gleichkommt." Von den Ratsuchenden, erklärt Zoya Zakharchenko, komme auch in der jetzigen Sondersituation viel positives Feedback und Dankbarkeit zurück.

Viele Anfragen bei Online-Beratung mbeon

Den Wegfall der Präsenzberatungen haben Christine Müller und ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Online-Beratung mbeon, die auch als App verfügbar ist, im Arbeitsalltag deutlich bemerkt. "Ich habe in den ersten sechs Wochen vom 17. März bis zum 29. April 210 Beratungen durchgeführt und auch der Blick in unsere mbeon-Gesamtstatistik zeigt deutlich, dass die Online-Beratungszahlen regelrecht explodiert sind", resümiert Müller.

Eine Frau sitzt vor einem Bildschirm Christine Müller hilft Ratsuchenden über die Online-Beratung mbeon weiter. Quelle: BAMF / Bildkraftwerk

Um möglichst alle Zielgruppen zu erreichen, haben die mbeon-Beraterinnen und –Berater seit Ausbruch der Pandemie verstärkt für die App geworben und die Ratsuchenden auch ganz gezielt mit aufbereiteten Informationen in der jeweiligen Muttersprache rund um die Corona-Situation versorgt. Häufiger als früher erhalten die Beratenden bei mbeon ein "Dankeschön" oder "Wow" als Rückmeldung, sagt Müller – ein Zeichen, dass die Mehrarbeit und die Mühe auch in der virtuellen Realität von den Ratsuchenden gesehen und geschätzt werden.

Persönliche Beratung wird wieder hochgefahren

In Einklang mit den Lockerungen der deutschlandweiten Vorsichtsmaßnahmen kann die persönliche Beratung in den MBE-Beratungsstellen nun schrittweise wieder hochgefahren werden. Um sowohl die Beratungskräfte als auch die Ratsuchenden zu schützen, wird dabei noch stärker als zuvor Wert auf Hygiene und Schutzausrüstung gelegt und das Vorgehen mit den Behörden vor Ort abgestimmt. Die Online-Beratung wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen, um zu gewährleisten, dass alle Ratsuchenden ganz unabhängig von der aktuellen Situation eine professionelle und kompetente Beratung erhalten können. Die Erfahrungen im Hinblick auf Online-Beratung, die in den vergangenen Wochen gewonnen werden konnten, werden stetig in die Weiterentwicklung der MBE einfließen.