Förderung zu politischer Bildung , Datum: 28.03.2024, Format: Artikel, Bereich: Integration , Fortbildungen zu Antisemitismus, Diskriminierung und allgemeiner politischer Bildung

Einrichtungen der politischen Bildung sind aufgerufen, Anträge auf Zulassung geeigneter Fortbildungen im Sinne des unten dargestellten Förderprogramms einzureichen. Das Förderprogramm soll, solange die Haushaltslage es erlaubt, unbefristet laufen. Anträge auf Zulassung können ab sofort gestellt werden und beziehen sich immer auf eine bestimmte Fortbildung. Zulassungen sind zunächst auf ein halbes Jahr ab Beginn der ersten Fortbildung befristet. Für die Entscheidung über eine Zulassung ist mit einer Bearbeitungszeit von etwa einem Monat zu rechnen.

Individuelle Förderung – Übersicht

Das Bundesamt fördert die Teilnahme von Lehrkräften im Integrationskurs nach § 43 Aufenthaltsgesetz an Fortbildungen im Bereich der politischen Bildung. Zu Beginn der Förderung soll hierbei ein deutlicher Schwerpunkt auf Fortbildungen zu Antisemitismus liegen, jedoch sind alle Fortbildungen förderbar, bei denen sich ein Nutzen für den Unterricht im Orientierungskurs nach § 43 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz erkennen lässt.

Dauer: Die Fortbildungsveranstaltung muss mindestens 6 UE und maximal 15 UE umfassen und die maximale Teilnehmendenzahl der Fortbildungsveranstaltung liegt bei 16 Personen.

  • Stundenumfang der Maßnahmen: 6 bis max. 15 Unterrichtseinheiten
  • Pro Kalenderjahr ist nur eine Maßnahme pro Lehrkraft förderfähig.
  • Rückerstattung pro Unterrichtseinheit: maximal 11,76 Euro (analog zur ZQ Orientierungskurs), insgesamt höchstens 176,40 Euro pro Fortbildungsmaßnahme.

Themen: Die genauen Themen der Fortbildung sind durch die anbietende Einrichtung festzulegen und dem Bundesamt im Antrag auf Zulassung in Form eines Konzeptes zur Genehmigung vorzulegen. Es muss ein klarer Bezug zu den Bedarfen der Lehrkräfte in den Orientierungskursen bestehen (Curriculum Orientierungskurs). Zudem sollen Anträge im Kontext Antisemitismusprävention bzw. -bekämpfung in der Anfangszeit Vorrang haben.

Themen bzw. Bestandteile geförderter Fortbildungen können beispielsweise sein:

  • Hintergrundwissen zu bzw. Sensibilisierung für Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie
  • Reflexion der eigenen Rolle der Lehrkraft in der politischen Bildung, Umgang mit eigenen Ängsten und Vorbehalten
  • Sensibilisierung für die Perspektive der Kursteilnehmenden
  • Methoden zum Aufbau einer guten Gesprächsatmosphäre im Kurs, Senkung der Wahrscheinlichkeit von Grenzüberschreitungen durch klare Vermittlung roter Linien ebenso wie durch den Aufbau wertschätzender Umgangsformen
  • Reflexion und Diskussion bisher erlebter Vorfälle in Kleingruppen
  • Übung einer Intervention bei Grenzüberschreitungen in Form von Rollenspielen
  • Möglichkeiten der Weiterbildung
  • Planung und Durchführung geeigneter Exkursionen im Orientierungskurs
  • weitere Aspekte politischer Bildung mit Bezug auf den Orientierungskurs

Fortbildner:innen: Da die geförderten Fortbildungen unterschiedliche Zielrichtungen haben können, gibt es keine einheitlichen Vorgaben für die Qualifikation der eingesetzten Fortbilder:innen. Die fortbildende Einrichtung stellt deren Qualifikation im Fortbildungskonzept dar.

Durchführung: Die Fortbildungen können – analog zur Zusatzqualifizierung Orientierungskurs – sowohl in Präsenz als auch online angeboten werden.

Zulassung einer Fortbildung

  1. Teilnehmen können alle Einrichtungen (Vereine, Bildungseinrichtungen, Kursträger etc.), die Fortbildungen zu politischer Bildung anbieten. Die Fortbildungen müssen sich nicht ausschließlich an Integrationskurslehrkräfte richten, jedoch einen erkennbaren Nutzen für den Orientierungskurs bieten. Möglich sind auch Kooperationen von Integrationskursträgern und Einrichtungen der politischen Bildung. Ausgeschlossen ist die Bewerbung parteinaher Stiftungen und Einrichtungen.
  2. Die interessierte Fortbildungseinrichtung stellt über zq-ok@bamf.bund.de einen Zulassungsantrag bestehend aus: Antragsformular, Fortbildungskonzept.
  3. Das Bundesamt entscheidet innerhalb eines Monats nach Erhalt des vollständigen Antrags und sendet einen Zulassungsbescheid für sechs Monate ab Beginn der ersten Fortbildungsmaßnahme oder eine Ablehnung. Das Bundesamt behält sich vor, Zulassungen abhängig von wechselnden inhaltlichen Schwerpunkten und von der aktuellen Haushaltslage vorzunehmen.
  4. Im Falle einer Zulassung kann die Einrichtung die Fortbildung mit der Förderung durch das BAMF bewerben, auf der BAMF-Seite wird sie in einer entsprechenden Liste der geförderten Fortbildungen geführt.

Individuelle Förderung von Lehrkräften

  1. Die Lehrkraft meldet sich bei der Einrichtung an (es ist keine vorherige Anmeldung beim Bundesamt erforderlich), nimmt an der zugelassenen Veranstaltung teil und erhält eine Teilnahmebestätigung mit den relevanten Daten.
  2. Die Lehrkraft beantragt innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Teilnahme an der Fortbildung beim Bundesamt mit ihrer Bestätigung die Kostenerstattung in Förderhöhe. Voraussetzung für eine Kostenrückerstattung ist, dass die Lehrkraft nach § 15 IntV als Lehrkraft in Integrationskursen zugelassen ist und eine Bescheinigung eines Kursträgers über einen aktiven oder beabsichtigten Einsatz in Integrationskursen vorlegt.
  3. Das Bundesamt prüft den Antrag und veranlasst die Zahlung an die Lehrkraft.

Hintergrund

Der Orientierungskurs leistet als zweiter Teil des Integrationskurses einen wichtigen Beitrag zur Integration von Zugewanderten in die deutsche Gesellschaft. Er bietet Menschen, die neu in Deutschland sind, die Gelegenheit, über ihre Perspektiven in ihrer neuen Heimat zu sprechen.

Seit der Einführung des Integrationskurses hat der Orientierungskurs immer mehr an Bedeutung gewonnen, insbesondere seit 2015 ein neuer Schwerpunkt auf die Vermittlung von Werten gesetzt wurde. In diesem Zusammenhang wurde zum 1. Januar 2017 das Modul „Mensch und Gesellschaft“ erweitert und die Länge des Orientierungskurses im Laufe der Jahre von 60 auf 100 Unterrichtseinheiten deutlich erhöht. Die Lernziele für das genannte Modul sind auf ein friedliches Zusammenleben der Gesellschaft ausgerichtet. Dabei spielen Prinzipien wie Freiheit, Selbstbestimmung und Toleranz eine große Rolle und es soll die interkulturelle Kompetenz der Teilnehmenden gestärkt werden. Das Leitbild des Unterrichts sind somit Verfassungswerte und ihre Umsetzung im Alltag; Ziel ist die Förderung eines friedlichen Zusammenlebens.

Im Kontext des Orientierungskurses spielen verschiedene Formen der Diskriminierung eine Rolle. Zugewanderte Menschen können in Deutschland selbst beispielsweise von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder Homophobie betroffen sein, aber auch selbst entsprechende Einstellungen vertreten. Für die Lehrkräfte stellt es somit eine Herausforderung dar, solche Themen einerseits entsprechend sensibel zu adressieren, andererseits aber diskriminierenden Äußerungen und Vorfällen im Kurs angemessen entgegenzutreten. Da die Lehrkräfte in den Integrationskursen in erster Linie als Lehrkräfte für die Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache und nicht als politische Bildnerinnen und Bildner ausgebildet sind, können solche Situationen zu einer Verunsicherung der Lehrkräfte führen.

Die weltweiten Reaktionen auf den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 haben das Thema Antisemitismus wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Viele Lehrkräfte fühlen sich nicht sicher im Umgang mit antisemitischen Äußerungen im Unterricht und tendieren in der Folge beispielsweise dazu, die Themen Holocaust und jüdisches Leben in Deutschland im Kurs gar nicht anzusprechen.

Das Bundesamt fördert bereits die Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Orientierungskursen (ZQ O-Kurs), in der vermittelt wird, wie die komplexen Inhalte des Orientierungskurses an Personen mit noch relativ niedrigem Sprachniveau (B1/A2) vermittelt werden können. Ergänzend hierzu hat das Bundesamt – auch auf Initiative des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Herrn Dr. Klein – in den Jahren 2021 und 2022 Projekte unterstützt, die Lehrkräften Handlungsoptionen für den Umgang mit Streit und Fällen von Diskriminierung im Unterricht vermittelten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge möchte den Lehrkräften nun mit der individuellen Förderung von Fortbildungen im Bereich politischer Bildung ermöglichen, sich noch besser auf die Herausforderungen des Orientierungskurses vorzubereiten.